marilu schrieb über ein stückchen … einen kleinen teil ihres ich, wiewohl sie Ich weder sagen noch schreiben konnte.

so etwas nennt man wahr sein.

als ich sie in diesem zustand erlebte, dachte ich an meine vielen felder, die bauernfelder, in die ich mir wünschte, meine texte vergraben zu haben, was nicht so gewesen ist. es war immer meine tagträumerei, das wichtigste, das mich durch tag und nacht kommen lässst, derart zu bewahren, dass zufälliges finden mich findet, ganz gleich von wem und in welcher zeit, selbst dann, wenn ich nicht mehr wäre. es hat mich getröstet, das zufällige auffinden meiner notationen durch irgendwen zu irgendeiner zeit. 

ja, das ist annähernd vergleichbar zu marilus ichstückchen, aber nur entfernt, weil ich meinen wunsch noch als mir zugehörig empfinde, marilu hat nichts als zu sich gehörend empfinden … nicht können, sondern: nicht wollen.

wollen.

die schizophrenie ist der fremde wille, sich selbst nicht spüren zu dürfen, statt/dessen jedweder anordnung folge leisten,  der sich zu unterwerfen ist.

marilu ist tot. mein unterwerfen ist literarisch verbrämt und taugt nicht, marilu das normale zu erzählen, so dass sie aufersteht und meine zuneigung erkennt. erkennt und nicht fühlt.

ich könnte, um mich anzunähern, zu meinen imaginierten feldern gehen und graben, hier und dort und sonstwo und nichts zutage fördern und mich verausgaben bis zur erschöpfung und heimgehen und schlafen ohne evozierte träumerei. ja, ich gehe hinaus, spät abends, den alkohol dabei und trinke, betrunken über dieses oder jenes bauernfeld, ich grabe nicht, ich schaue hoch ins sogen. universum … die sterne schrecken mich, sie ängstigen mich, ich habe angst vor dieser verlorenheit. ich bin nicht marilu.

am ende meiner aufzeichnungen

suche ich trost und finde ihn, alles geschriebene tröstet mich und eigentlich ist es ohne bedeutung, dass äussere bedeutung und wertschätzung kommen, könnten, sollten, würden sein. sich selbst und umfassend in seinem geschriebenhabenden geborgen zu fühlen, ist ein grosser wert, den mir kein verlag und keine gutheissung geben wird können. weil meine sprache, urteilslos, mich stützt, als ein schwebendes zweites selbst, über mir, mir mir, des tags, nachts, selbst dann, wenn ich hinuntergehe zum wald, und nicht an meine texte denke, fühle ich mich gewappnet, bewaffnet, gut ausstaffiert, gerüstet, vorbereitet, den tag, die kleinen teilchen des tags, die in immer kleinere einheiten zerfallen, nicht nur auszuhalten, zu überstehen …. sondern schwach wie immer weiter leben … am leben zu bleiben. das ist mein schlusssschreiben zu meinem stückchen/roman, der  sich verhandelt, als wärs ein stück von mir.

fantasie im warmen im kalten zu sterben

gewärmt und katapultiert mit droge dem bild nachsinnen, aufgehangen an der alten kiefer im nachbargarten, ohne kleidung im kalten nordsturm zu verbleiben, seinem sterben wohlfeil zuzusehen und sich geborgen fühlen, wie bettdecken, die zu kaufen sind, es allemal tun, so dass man sich einigelt und schlaf findet beim sterben, das stundenweiter nachlässt und zum tiefschlafen findet. weil ich mich nicht zugedeckt hatte, wachte ich kalt auf und ich umschlang mich und müdete mich ein mit dem bild eines erfrierenden körpers in der nacht, mit sturm, kälte und wehrlosigkeit und wonne, für immer nicht mehr da zu sein.

sagen, wenn man nichts sagen will aber es kann. weil das sagen sich nicht entsagen lässt.

ich sage, aber ich rede nicht. marilu sagt, grossvater war das  isländische pferd, es lief mit seinem freund aus dem stall und war ausser sich, denn der winter war im nu vorbei und alles strebte nach oben, und die hufe  schlugen unablässig nach oben und treffen den gefährten, der innehält und auf die kniee geht, um zu verstehen, was er nicht verstehen kann. 

so rede doch, hatte der großvater sagen können, der eiserne alte mann am pult, als alle waren verloren gegangen waren. später, allein, sagte marilu zu sich, die worte die waren, die waren als verlorenes stückgut auf schiffen, die nicht anlanden konnten. das sagen zu sich selbst war furchtbare anstrengung, weil sie das sagen, das reden als augenblickliche mitteilung sich zu spüren … wie immer und geübt zu eliminieren suchte. das sagen bei marilu habe ich ein einziges mal erlebt, als sie sagte, dass sie mich nicht leiden kann.

nichts sagen, wenn man sagen will

nichts sagen und doch, weil es nichts zu sagen gibt. reden in das leere gefäss, das leer bleibt. ich leere das gefäss, um mich zu betäuben, das gefäss des mitteilenmachen. versuch, das deprimiertsein, erdrücktsein von egal was … eine spur weniger totsein zu fühlen. 76 worte in das wortgefäss, das sich nicht füllt. 

draussen geht der sturm zuende, weil regen fällt, sehr gerade, von oben nach unten, als ob das wasser den wind beerdigte. flaschen, im garten verstreut, füllen sich, einige, die aufrecht gelandet sind oder durch sturm vom wasser gefüllt werden konnten. ich gehe hinaus und entleere sie auf der nassen erde, die zigarette verlischt im nass, meine frau ruft den hund zu bett, es ist spät, ich kann nicht atmen.

an mario wirtz, posthum, damit er mich hört.

und allein mit sich

pflügt der bauer, der landmann das feld, seine gekaufte erde, es dunkelt und er wirft den scheinwerfer an, und noch zu keiner zeit hätte er angehalten, weil er wie immer rastlos und fertig werden muss, bevor der grosse regen kommt. ein pflug umwälzt erde auf zwanzig, dreissig zentimetern. selten sieht der landmann nach unten, zu seiner erde, die er nicht als zu sich gehörend empfindet. aber jetzt sieht er nach unten, gelangweilt und nach haus sich wünschend, das helle stück, ein papier, wo papier nichts zu suchen hat. er hält nicht an, es bleibt zuoberst, liegen, später der wind, der es treibt und an einem der vielen zäune festhält. die notiz, die man vergraben hatte, die literatur, für alle und keinen; flappt am zaun, den die kühe im kommenden frühling entlanggehen. es ist so, wie es sich der schreiber immer gewünscht hat.

kein reim auf alles

da ist kein reim, der sich im klang umschließt, weder gedicht, noch musik. der reim, der zuhause macht, auf papier und modernen techniken. das leben macht sich keinen reim aufs sterben. aber das sterben ist es gar nicht. es ist das leben, das sich aufs leben keinen reim machen kann, weil die behütung, gleich welcher instrumente, sich nicht einstellt, um sorgsam für immer schlaf zu bekommen. die drogen versprechen es, für sechs, sieben … stunden von abwesenheit, vom wegsein, vom lebendigsein.

georg trakl; bernhard

Schlaf und Tod, die düstern Adler
Umrauschen nachtlang dieses Haupt:
Des Menschen goldnes Bildnis
Verschlänge die eisige Woge
Der Ewigkeit. An schaurigen Riffen
Zerschellt der purpurne Leib
Und es klagt die dunkle Stimme
Über dem Meer.
Schwester stürmischer Schwermut
Sieh ein ängstlicher Kahn versinkt
Unter Sternen,
Dem schweigenden Antlitz der Nacht.

Voll Früchten der Holunder; ruhig wohnte die Kindheit
In blauer Höhle. Über vergangenen Pfad,
Wo nun bräunlich das wilde Gras saust,
Sinnt das stille Geäst; das Rauschen des Laubs

Ein gleiches, wenn das blaue Wasser im Felsen tönt.
Sanft ist der Amsel Klage. Ein Hirt
Folgt sprachlos der Sonne, die vom herbstlichen Hügel rollt.

Ein blauer Augenblick ist nur mehr Seele.
Am Waldsaum zeigt sich ein scheues Wild und friedlich
Ruhn im Grund die alten Glocken und finsteren Weiler.

Frömmer kennst du den Sinn der dunklen Jahre,
Kühle und Herbst in einsamen Zimmern;
Und in heiliger Bläue läuten leuchtende Schritte fort.

Leise klirrt ein offenes Fenster; zu Tränen
Rührt der Anblick des verfallenen Friedhofs am Hügel,
Erinnerung an erzählte Legenden; doch manchmal erhellt sich die Seele,
Wenn sie frohe Menschen denkt, dunkelgoldene Frühlingstage.

bernhard schrieb, er habe zum ersten mal im leben geweint, als er vom buntgekachelten hochhaus hinunterspringen wollte, und es nicht tun konnte.

 




die litfasssäule

litfasssäulen sind old school, die kleinstadt im norden, meeresnah, hat eine davon mit haushaltsmitteln gekauft und auf der seepromenade, zwölf kilometer vom städtchen entfernt, installiert. es sind vergnügungen annonciert, konzerte, shows, bürgerversammlungen etc.

die mit klebstoff aufgebrachten notate eines vor jahren gewählten stadtschreibers sind nicht mehr da. nur die alten klebspuren an der einen oder anderen stelle. ihre bedeutung lässt sich nicht nachvollziehen. möven und anderes fluggetier rasten gerne auf der säule, und sie schreien wie kinder im sturm, der sie ohne gegenwehr über den strand treibt, während sie lachen und sich ergeben und hinausschauen auf das dunkle wasser. trakl sagt, schwester stürmischer schwermut, sieh, ein ängstlicher kahn versinkt unter sternen, dem schweigenden antlitz der nacht. das ist alles.

über das treten auf ein kind

das setting: eher unbeabsichtigt, die wut gilt nicht dem kind, aber es ist zufällig nichts anderes da und der fuss schlägt zu. so etwas geschieht, das erschrecken des getanhabens bleibt klein, weil die verminderte wut zu anderen gedanken führt. das verletzte kind bekommt anderntags, wenn kleine reue oder diffuse erinnerung sich einstellt, geld, um auf einer zufälligen kirmes sich zu vergnügen, um den sex der eltern nicht zu stören. 

setting für eine aufgabenstellung, einen roman zu konzipieren, mit der massgabe, die lebensjahre zwölf bis dreizehn jenes kindes zu beschreiben. der bewerber, der sich für die annahme als dozent der akademie mit diesem setting bewirbt, wird gefragt, ob dies denn autobiografische… hintergründe, wie man sagt … habe. falls ja, wäre das sachbuchkomittee zuständig. ein roman solch bitterböser realität ist als roman nicht schreibbar, sagen wir es so, das fiktionale, was unabdingbar notwendig ist, lässt sich hier nicht einbringen.

der sich als schreibdozent  bewerbende wendet sich mit diesem exposé an die kulturabteilung der ländlichen kleinstadt im norden, er wird stadtschreiber in xx mit der massgabe, die örtlichichkeiten zu berücksichtigen, das meer, den wind, den sturm, das ausgeliefertsein auf einer hallig und zu wissen, dass gerettet werden kann.

 

an den anderen enden von welt

an den anderen enden der welt wäre man sehr gerne waldwege gegangen, auch in falschen sommern und wintern, würde frühen vogelzügen erwärmt nachsinnen, würde sich getrost ummanteln mit wärmender kleidung und sich freuen, ein nachhause zu erreichen, mit mehr oder weniger kraft, und egal, weil nahrung verfügbar ist, zum verfügen und wählen und dann essen. und darum zetere ich nicht und ängstige, dass der wind, sturm … mein haus zerschlägt und in der nassen hütte schlaf sichern, der nicht gesichert ist. ich werde wie immer gesichert sein durch die versicherungen, die ich mit geld erkauft habe. nur ein blitzschlag kann mich von allem … falschen gesichertsein entbinden.

an den anderen enden der welt hört der wind nicht auf, er ermächtigt sich, mit macht  alles einzuebnen und die leichen liegen wie die bretter der bretterbuden in gleicher höhe beisammen.

ps. es gibt selten texte, die ich im nachhinein, als geschriebenhabender, nicht verstehe, was heisst, nicht zu wissen, wie und was ich mitgeteilt habe.

ps. wenn ich aber viele tage nicht schlafen werde, werde ich verstehen, was ich geschrieben habe. ein satz von marilu.

der vogelzug im winter gen norden

findet statt, geschieht. der waldweg ist halbgefrostet. das schreien des kindes im nachbarhaus ist leiser, es hat sich gestossen oder ist geschlagen worden. die vogelrufe übertönen die vermutungen. jäger sammeln sich, weil jagdzeit erlaubt ist, später stellen sie das schiessen ein und warten auf den herbst. wie geht es weiter? das gedicht fordert weitere buchstaben. aber sie stellen sich nicht ein. die buchstaben des weitertrösten, falsch beschreiben während des waldwegs hinunter zur kleinen brücke mit sicht auf das rinnsal, das auf regen: trost: wartet, um seine ufer zu benetzen, aber es ist winterzeit, mond und klare sterne versagen das wasser, jetzt friert es, eisig. im nachbarhaus weint deutlicher ein kind mit hohem stimmchen, klagelaut und fein, wie hohe violinen con sordino, mit dämpfer, laut anweisung des komponisten. die hornbläsermusik der jäger wecken mich auf. es ist früher morgen, es ist spät, ich kann nicht atmen.

an mario wirtz, meinen toten freund, falls er es hört.

randolph, im nach:hinein_eins

ich weiss noch, sagt randolph (man schlage nach), wie wir im kindergarten einen kreis machen sollten und uns an den händen fassen und ganz still sein. randolph erzählt etwas spontan im kreis der elektriker, ein fortbildungsseminar oder so ähnlich, wieweil es seminare für elektriker kaum gibt. es sitzen also gestandene elektrikfachmänner beisammen, und jeder, kreisrund angeordnet, soll etwas zum besten geben, geradeso, wie es einfällt, spontan, wie man so sagt. randolph sagt, und er schaut dabei auf seine hände … wir sollten uns alle warmschütteln ohne loszulassen. das machten wir, fast minutenlang. und jetzt stopp, sagte die kindergärtnerin. spürt ihr alle die wärme, nicht nur in euren händen, sondern auch im ganzen kreis? die kinder nicken, einige nicht, sie sind nicht bei der sache. das ist das gefühl, sagte die kindergärtnerin, dass wir nicht sterben können, weil wir alle beisammen sind, egal, was passiert. und wenn der blitz einschlägt, sind wir zusammen und halten uns fest, egal, was geschieht, denn zusammen sind wir da und bleiben da, was immer auch geschieht. weil wir uns alle halten, und nichts auf der welt kann uns trennen, weil wir nicht loslassen, weil wir standhalten gegen den unbill des universums. elena fragte, was ist unbill. joschi fragte, was universum heisst. einige vergessen die massgabe des händchenhaltens. der kreis zerbricht. und weil frühstückszeit ist, wird gegessen, und der kreis hernach nicht wieder aufgenommen. wenige kinder werden sich später daran erinnern. ein kind, erzählte randolph, sagte, es würde nicht sterben, weil das nicht geht.

es gibt keinen grund, sich unwiederbringlich zu machen

mit lippenstift auf einem alten spiegel geschriebener satz, im verfallenden haus der drei blinden in quenca.

das treten des grossvaters auf den mund des kindes unter seinem pult

das erinnert an marilu, die viele zeit unter dem schreibpult des grossvaters gesessen hat, aber marilu hat dies nie erwähnt, und ich denke es mir so, …. nein, falscher beginn. ich imaginiere. ich stelle mir vor, wie ihr grossvater, der ansonsten jedwedes gefühl verschlossen halten konnte, in einem moment, da durch, wie es für ihn war, eine unwiederbringliche fehlleistung des betriebs geschah, die die existenz der firma und der familie zu bedrohen schien, er nicht mehr an sich halten konnte, vulgo, seine sorgsam unterdrückte unbeherrschtheit sich bahn brach und er, der zwar die enkelin unter seinem pult nebulös wahrnahm, sie ausblenden musste, vergessen, dass dort das kleine mädchen eine seltsame zuflucht suchte und trat mit einer ungelenkten wucht und in zorn und wut wie ein pferd mehrmals auf den boden und trifft. ich nehme an, dass schiffsladungen diverser gegenstände, die dieserorts niemand verlangte, angelandet waren und zu bezahlen und in folge, was den status der familie grundlegend verändert hätte. ja, marilus mund war versehrt, missgestaltet durch unfall oder gewalt, was weiss ich.

aber ich stelle es mir so vor, die verformung ihres gesichts, und ich glaube, wenn es so gewesen ist, hat sie sich gekrümmt ohne laut, gewartet, bis niemand mehr da war, dem trocknenden blut zugesehen und schliesslich eingeschlafen in einem roten gebettetsein, der geruch, der nur mit einem selbst ist. 

ich spinne mir etwas zurecht;  immer noch, manches mal, um mir marilu nahe zu holen, wie ich es zu ihren lebtagen nicht hatte.

kleine vögel zur unzeit

hätten sich verbergen sollen und dem lichtschein des alten winters nicht trauen, der glauben macht, das jahr begänne mit wärme zur unzeit, viel früher als gewohnt. dann die kälte, auch schnee und anderntags das eis, umschlingend jedes geäst und gesträusch, für brutzeit bereitet. die kleinen sterben im kalt des frühsommers, der jäger erntet die kleinen leichen und bestattet sie sorgsam fern der ausgewiesenen jagdgebiete. im mondschein erkennt man das vergrabene erdreich, wenn man die wege verlässt, ins dickicht geht, ohne plan und absicht. im schweren regen geht es mühsam hinauf. ein gedicht, absatzlos.

das feld unweit des dorfes

das land des landes in näheren gefilden. im herzen des landes des landes. das land, die geographie. die geschriebenhabenden unter der erdkrume eines feldes, unweit des bewohnens, der bewohnbarkeit. alle zufälligkeiten unter der narbe, aus fleisch, aus gras, erde. ich nehme den stift, den bleistift und zeichne koordinaten zum zugang der vergessenen texte. der bauer, der landwirt, kommt spät zu pflügen. ich eile mich, vertiefe die zugangsdaten ins erdreich, der traktor naht, es ist dunkel, und der scheinwerfer des motorisierten geräts erfasst mich nicht. ich eile, ich werfe mich herum, damit der koloss mich nicht erfasst. man hat mich weder gesehen noch erkannt. wie auch. die gedichte sterben früher. wenn es nacht ist, ruht das feld. wenn es nacht ist, trägt der schläfer den mond in die schlucht, die sonne, die aus finsterer Schlucht bricht.

an trakl, georg. william gass.

der arzt fragt

war Ihr gefühl zu dem tier von beginn an? haben Sie sich vom liebreiz dieses wildtieres vereinnahmen lassen? kleine kinder sind sehr schnell in ihren stofftieren eins, die identifikation zum aussen ist zwar porös, aber sind als gegenwehr zur wirklichkeit recht tauglich. der patient sagt, ich glaube, ich hätte ihn umarmen können, vereinnahmen, wie ein stofftier, aber er lebte und sah mich an und bewegte sich und wägte ab, was ich tue, ob ich ihn bedrohe etc. brauchte es zeit, bis Sie sich ihm so nahe fühlten, als wäre er ein teil von Ihnen? Keine Zeit, er war sofort teil meines herzens. Ihre umsorgung, dass er in winterzeit genug nahrung bekommt … ja, sagt der proband, das gefühl, ihn zu versorgen wie ein mitglied meiner kleinen familie, ich fühlte mich genötigt, auch für ihn da zu sein, sein wohlergehen, das beschützen, was immer auch geschieht. warum sind Sie hier? der proband antwortet, er möchte, dass eine therapie möglich ist, den herztod in einer der herzkammern zu löschen, damit der tägliche blick zur verlassenen höhle glauben macht, er sei da und ruhte, schliefe und ginge hinaus in das gehölz, das gras, die morschen gehölze und nährte sich und wartete vielleicht, das jemand käme, der ihm wohl will. das sind Sie, sagt der arzt. 

im krebsgang

  • Gehen Sie den weg einmal rückwärts, mit jeder erinnerung an das vorwärtsgegangenenseins, und jede regung Ihres Fühlens, wie es vorher war, wird zwar nicht gelöscht, jedoch … fremdländisch sein. seltsam bekannt, doch unbewohnt. nicht anheimgenommen. starten Sie von ihrem zuhause aus, die stolperfallen, wie sie beim ersten gang sich zeigten, sind geebnet, man gleitet über sie hinweg. Da Sie rückwärts im krebsgang gehen, werden Sie zwangsläufig stolpern und unvermeidbar fallen. stellen Sie sich darauf ein, obwohl einige blessuren nicht vermeidbar sein werden. Sie sollten nur den kopf schützen, damit er nicht aufschlägt. zählen Sie bitte ihre Schritte, bis zur Todkennzeichnung des Fuchses sind es recht genau 537 Schritte, bei einem Schrittmass von 43 zentimetern. hier angelangt, drehen Sie sich um annähernd 90 grad nach rechts, in richtung seiner verlassenen behausung, vermeiden Sie die Erinnerung des ersten Spazierens, wenden sich, gehen im krebsgang weiter, im gefühl, bald die wegstrecke erledigt zu haben, der doch aufregenden anweisung des fremdenverkehrsbüros, gänzlich neue erfahrungen beim wandern in unschädlichen mittelgebirgen, ganz getreu folge geleistet zu haben. Ihre Frau und Ihr Partner werden länger auf Sie gewartet haben, das macht nichts. in ihrem feriendomizil werden sie durchaus zur rechten zeit abendbrot oder mittagsessen zu sich nehmen. versuchen Sie nicht, Ihren Gang zu vermitteln, Ihr erlebnis wird nicht verstanden werden. wir hoffen, dass unsere neuen zeitvertreibungen in urlaubszeiten ihren gefallen gefunden haben. geben sie uns ein lob, denn unsere region braucht urlauber.

in einem dorf mit 13 monden

ja, gehen Sie rechts den weg am bach hinunter, Sie kommen an drei teichen vorbei, sie sind trübe, weil der bach kaum mehr wasser bekommt, und es ist abzusehen, dass die teiche umschlagen, bevor sie vertrocknen. aber soweit ist es noch nicht. Sie sehen das grünliche schlingern der gewächse, die sich vermehren. wenn Sie es wahrnehmen, sind Sie vielleicht traurig, aber das nützt nichts. es ist eben so. dann kommt die weggabelung, wenn Sie nach rechts gehen, kommen Sie an einem kleinen wäldchen vorbei, ein privatbesitz, wo bäume durch sturm oder verfall gestürzt sind und umeinanderliegen. jetzt sind es nur noch wenige schritte zu dem ort, wo der fuchs verendet ist, er war vielerlei wochen durch nahrung, die zum wegwerfen zu schade war, genährt worden in den kalten winterzeiten oberhalb des dorfes. wildschweine hatten seinen kadaver aufgenommen seine höhle, unweit, war nicht mehr betreten worden. die stelle, wo er starb, ist mit einigen starken ästen gekennzeichnet, so, dass es nicht zufällig aussieht, sondern hingelegt, arrangiert. wenn Sie es sich erlauben, können Sie innehalten. nur so. ohne sentiment. er war das freie getier, so wie die gewächse in den sauerstoffarmen teichen sich frei machen von der versorgung. falls Sie länger verweilen, richten Sie bitte ihren blick zu der verlassenen höhle, die von keinem getier mehr in anspruch genommen wurde. die höhle ist verwaist, und ein blick dorthin erlaubt wirkliches traurigsein, das man sich gönnen sollte, um weiter lebendiges auf seinem spazieren zu verinnerlichen. hoch hinauf, aus der taltiefe ins lichte geschehen, immer näher zum dorf, den spaziergang geniessend, regen, wind, sonne, wärme, frösteln und gehen der beine. ankommen im zuhause, die beschreibung  des wanderwegs der örtlichen fremdenverkehrsanstalt erlebt zu haben und einen der folgenden urlaubszeiten folgerichtig getan zu haben. das ist okay. der grabbesuch wird vergessen, die landschaft des mittelgebirges ergibt vielleicht eine eintragung in einem tagebuch.

der könig

es gibt schon sehr lange keine könige mehr. in der kleiderkammer von bernhard fanden sich in einigen, gewaschenen kleidungsstücken zettel. sie waren wohl insgesamt von n.n., der sich im trunkensten zustand die faust in die kehle trieb, um zu erbrechen, um danach weiter alkohol in sich hineinzuschütten, hernach sommers, zum beispiel, auf dem beton wie tot liegend die hitze der sonne nicht spürte, ganz nah, am sterben. n.n. muss es gewesen sein, der diese notate auf kleinen zetteln verfasst hat. für n.n. war das richtige ankleiden der gespendeten und gereinigten kleidung  … die richtige wahl ein ritterschlag, trotz allem,  jedweder derangiertheit, ein mensch zu sein, und der, der ihm die gemässe kleidung  anempfiehlt, war für n.n. ein könig, der seinen untertanen ein wenig leben, das ist selbstgefühl, zukommen lässt. und so beginnt jeder zettel mit der anrede, mein könig. seltsam, dass dieser obdachlose mit namen tatsächlich könig geheissen hat. bernhard hat diese zettel lebtags nicht zu gesicht bekommen, und wenn, hätte es seine art, zu leben, zu fühlen, nicht geändert. das sind die wirklichkeiten. ohne trostpotential.

die schizoide schreibweise

ist nicht merkmal … zeichen für sogen. schizophrenie. schizoid schreiben ist zustand, sich von sich entfernt fühlen und sich dennoch nicht zu verlieren. eigentlich ist es ein zustand, den jeder professionell schreibende annähernd kennt. das wegschweben vom autobiografischen zur fiktion, die doch so viel mit dem selbst zu tun hat. wenn es gelingt, stellt sich der flow ein, das fliessende schreiben ins eigentlich ungewisse, doch wundersam geschient, so dass eine irre geleitetes wegdriften sich nicht ereignet.

die schizoide schreiberei, um ein bild zu brauchen, arbeitet am schmalen, sehr schmalen grad des abstürzens, nimmt in kauf, bei aller vorsicht trotzdem abhanden zu kommen, was sich darin zeigt, dass das geschriebene als nicht zu sich gehörend empfunden wird, so, als habe jemand anderes geschrieben. obwohl der text den schizoiden schreiber derart trifft, dass er sich in seinem getroffenwerden seltsam zuhause, bei sich … seltsam geborgen fühlt.

die literatur hieraus hat es schwer, käufer zu finden. obwohl es viele käufer gibt, die ähnliches changieren kennen. aber vieles aus der literarischen welt soll besänftigen, ganz gleich, wie schrecklich sich eine geschichte ausnimmt. schizoide texte sind nicht schrecklich, sondern machen wanken. innerer schwindel ohne organische beteiligung, ganz ohne lesegenuss. ein schwindel, stolpern, scheinbar fallen, um sich auszusetzen, was wirklich ist und wirklich sein könnte. mit kleinem rückhalt, mit kleiner versicherung, nicht abzustürzen in die wirkliche schizophrenie, die ihre eigene wirklichkeit formt, um ganz fern am leben teilhaben zu können.

am ende des tages kommst du und weinst mir trost, dass mir die tränen nützten. gedicht, vor so vielen jahren geschrieben. es kam aber niemand, und ich selbst habe auch nicht geweint, sondern mein schreiber in mir hat es mich schreiben lassen, kein trost hieraus, nur literatur, mehr oder weniger.

b-zellen

der roman verhandelt die bewegungen von b-zellen in einem setting von abwehr und falscher gegenwehr gegen sich selbst: symbolisch, als ginge es um menschliches verhalten, zu seinem nachbarn, seiner frau, seinem mann etc. was heisst, was eigentlich als in zufriedenheit in einer beziehung beordert ist, kehrt sich um in die zerstörung. manche forscher sagen, es sei angeboren, genetisch bedingt; es sind die mediziner, die es sagen. die gegenwehr zum liebenkönnen kann anders gedeutet werden. doch allemal gibt es kein entrinnen, wie auch immer gedeutet wird. das zerstören von liebe ist, wovon wir glauben, dass es liebe ist, gewesen ist. die liebe will nichts, sie sieht nicht nach. sie bekämpft sich nicht. sie ist ein roman.

man schlage nach zu diesen zellen.

randolph. fünf minuten einer bewerbung vor filmproduzenten.

  1. das sogen. setting ist, in wenigen minuten eine filmidee so zu skizzieren, dass leute mit vermögen ja sagen zu einem minimal ausgearbeiteten plot, und die dinge dann ihren verlauf nehmen. wie stets, zeigen die beurteilenden keine regung, als müssten sie gesichter produzieren wie bei kartenspielen, wo jede erregung ein fehler ist. der sich bewerbende autor liest vor, ohne deklamation. er berichtet zu seiner idee und spricht;
  2. „randolph, zunächst in untersuchungshaft, dann gefangen. hätte seine frau schwer verletzt, bewusstlos, hat notarzt und polizei hertelefoniert, hat sich nicht fassen können, dass er es getan hatte. später, vor urteil, sagte er, ich wollte wissen, was passiert. ja, sagte er, ich konnte den plötzlichen drang, sie zu töten, nicht unterdrücken, und ich habe nicht sie gemeint, in diesem moment war sie nicht meine frau.

    seine verurteilung wegen totschlagversuch ließ ihn drei jahre hinter gitter. hernach versuchte er fuss zu fassen, die früheren kunden wollten mit ihm nichts zu tun haben. er brauchte drei weitere jahre, um als elektromeister in einem anderen ort seinen beruf zu tun, den er zu keiner zeit hat erledigen wollen.“

  3. der kleine plot wurde abgelehnt, aber zögerlich. die schlusssequenz des elektromeisters, der seinem beruf unglücklich folgt, hat zweidrittel der urteilenden einigermassen berührt. das, so sagten sie, wäre eigentlich der einstieg in eine serie, hier, sagten sie, nimmt die weitere existenz des probanden den zuschauer mit, in einen alltag, ein leben, das eigentlich nicht mehr zu meistern ist. da müsste man nacharbeiten, bzw. ganz neu ansetzen, weil das die blaupause ist, die immer zu verhandelnde konstellation von scheitern und überleben.
  4. blaupause ist ein alter begriff, der nicht länger taugt. der autor aber ist schwach und verliert sein gesicht, er war sich sicher gewesen, zu vereinnahmen, die welt von seinem vorhaben zugewinnen, zu realisieren, was ihm als wirklichkeit bitternotwenig ist.
  5. in der schlusseinstellung des 90minütigen tv-dramas, das kein drama ist, holt unser autor aus seinem rucksack das verkleiden eines elektrofachmanns heraus und zieht sich aus und zieht sich an. er geht zu mikrophonen, zu deckenleuchten, zu den kabeln der elektroheizung, er kappt die verbindungen. in der letzten einstellung sehen wir, wie die beurteilenden ganz langsam verbleichen,  geradeso wie fotografien, auf billigem papier entwickelt, mit der zeit die gestalten verlieren. der abspann zählt wie immer alle beteiligten auf, unleserlich in kleiner schrift. randolph genehmigt sich noch eine flasche bier und während er trinkt, sagt er zu sich, es ist mein film; ich habe es geschafft.

 

randolph wurde in gewahrsam genommen

zunächst in untersuchungshaft, dann gefangen. hätte seine frau schwer verletzt, bewusstlos, hat notarzt und polizei hertelefoniert, hat sich nicht fassen können, dass er es getan hatte. später, vor urteil, sagte er, ich wollte wissen, was passiert. ja, sagte er, ich konnte den plötzlichen drang, sie zu töten, nicht unterdrücken, und ich habe nicht sie gemeint, in diesem moment war sie nicht meine frau.

seine verurteilung wegen totschlagversuch ließ ihn drei jahre hinter gitter. hernach versuchte er fuss zu fassen, die früheren kunden wollten mit ihm nichts zu tun haben. er brauchte drei weitere jahre, um als elektromeister in einem anderen ort seinen beruf zu tun, den er zu keiner zeit hat erledigen wollen.

man schlage nach zu ihm am maulwurfshügel.

in einem november in einem älteren jahr

ohne ich. was, wie immer heisst, mich nicht zu benennen. auch seinerzeit eine schreibübung für schüler, fünfzehn, sechzehn jahre, fern jeder schulischen anstrengung und also fast frei. selma schreibt, der november ist der grausamste monat. april is the cruelest month. selma kennt t.s. elliot nicht. ihr waste land ist syrien. sie schreibt über ihre vorstellungen, was ihre eltern im ungemach erleben. mäxchen, der wie ein kleiner kerl erscheint, schreibt über eine seiner omas, die manchmal dringend beordert wurden, um ihn zu hüten, sie wäre erst spät gekommen, beim dunkeln, regennass und verfroren, sich tee machend und rauchen, den fernseher anschalten, ihn sich zunehmen und filme kommentieren. ariadne füllt das a-vier blatt mit den buchstaben des november und strichelt verformungen aus jedem buchstaben heraus, ohne dass gegenständliches erkennbar wäre. die schüler sind ruhig. der frühling draussen zeigt sich nicht. jemand geht zur tafel und zerstäubt die kreide in schneller bewegung. die meisten machen nichts. sind aber ruhig. die schulglocke läutet, man bleibt zusammen. erst, als ein vogel sich im flug an der scheibe sich ein wenig ums bewusstsein schlägt, dann sich erholt, stehen sie nacheinander auf und verlassen die schulklasse.

nachsatz. ariadne erinnert an marilu, die unleserlichen notationen, das zerfliessen, sich in unerkennbarkeit verformen.man schlage nach in den aufzeichnungen.

 

etwas (etwas) aus dem leben von bernhard_eins

als er geboren wurde vor 62 Jahren … war er mit sauerstoff unterversorgt, nun, die methoden der nachversorgung waren gegeben, wenn auch, in diesem fall, zögerlich und nicht just in time, wie man sagt. vier minuten. vier minuten über dem grenzwert schädigen. aber jeder schaden nimmt sich anders aus. denn jedes gehirn ist anders. das bei bernhard geschädigte areal liegt unweit des lymbischen areals, es ist der ort, wo zwischen gefühlen im entstehen entschieden wird, ob zulässig oder zu negieren. aber so einfach ist die sache nicht, weil es zwischen dem entweder oder noch changierende synapsen gibt. das bedeutet, dass gewisse gefühlsregungen und entscheidungen imponderabel sind, ohne gleichmässigkeit. ich greife vor: bernhard als erwachsener hat sich durchgerungen, unvorhersehbares fühlen und angeleitetes handeln ein wenig … etwas, wie man sagt, in bestimmte richtungen zu leiten, so dass er sich in seinen alltäglichen handlungen nicht vollkommen einer willkür auszusetzen hatte. nun, er zeigte in seinem beruf durchaus eine unberechenbarkeit, hier, wie er mit dem einen oder anderen obdachlosen umging, und es war auch so, dass er den selben odachlosen mal so oder so behandelt hat. ich weiss nicht, ob er dies an sich bemerkt und darunter gelitten hat. woher ich das alles weiss? ich weiss garnichts; habe bernhard oft und vollkommen fokussiert beobachtet und seine oftmals sich widerstreitenden aktionen registriert und später, nach kenntnis neuropsychologischer theorien, mir etwas (etwas) zusammengereimt. damit mir heute an seinem hochhaus, in dem er nicht mehr ist, mir ein anderes gefühl zu ihm geschieht, fern der gefühle, mit denen ich ihn in alten zeiten wahrgenommen habe. ich kenne natürlich keinesfalls seine geburtsgeschichte. ich habe es mir zusammengereimt, ohne reim, nur so, um bernhard anders zu vermissen. seine art, sein-tun-und-so-nicht-anders, das fehlt mir.

auf der brücke_vier

man ging schnell hinüber, wie immer, wenn gehen nur bewegung sucht und keinen anblick. und so hat keiner der gehenden gesehen, dass der kleine baum, schiefgewachsen, knorrig … so viele jahrzehnte gestanden und sich gewehrt, nicht mehr da war. man geht weiter im trott des weitergehens, als sei dies ein ziel. manche der tiere, die ich in mich zu vereinnahmen suche, suchen das kleine gehölz, es gibt keine spur mehr von ihm. wasser läuft in der rinne. weil wir nicht schwimmen konnten, hat uns der vater, sorgsam wie selten, zu diesem bäumchen getrieben, ihn umklammernd, bis er prustend auftauchte und uns mit lachen an land brachte. mein beten an dieser stelle zielt auf meinen geliebten baum. wenn wanderer gegangen sind, gehe ich hinterher, hinunter in das kleine tal und beuge mich über die hölzerne brücke, die vom naturschutz mit geldern der oberen verwaltung instand gesetzt worden ist. vor ungefähr sechs oder sieben jahren. ich habe eine taschenflasche mit schnaps dabei und trinke sie aus. ich gehe das kleine tal hinauf zu meiner wohnung. ich bete, also bin ich.

bernhards hochhaus

es wurde in den xxjahren hochgezogen, das dritte hochgebaute in dieser hässlichen stadt, die schnellstrasse war kriegsbedingt als eine schneise geschlagen worden mit schlechtem asphalt, der nach jedem winter geflickt werden musste. schon vor dem richtfest muss bernhard sich als mieter vorgemerkt haben … das vormerken, ganz gleich zu welchem ziel oder wunsch, war eine seiner deutlichen verhaltensweisen, wie man sagen könnte. eine sehr laute strasse, wo der strom der bewegungen bis zum morgen nicht nachlässt. bernhard hatte den fünften stock genommen, die höhe, wo strassengeräusche sich gedämpft ergeben und sich aber auch wenig wahrnehmbar machen; das nebenher pulsierende, sich bewegende, leben signalisierende, ohne lebendig zu sein. taugt die beschreibung seiner wohnungnahme als beschreibung seines wesens? nur wenig. das mittendrin und doch nicht dabeisein, vielleicht taugt dieser satz. in seiner arbeit, obdachlose einzukleiden, könnte man ähnlichkeiten sehen, wenn er kleidungsstücke hervorkramte, sie anziehen liess und wieder auskleidete und andere stücke holte, um doch, das eine ums andre mal, die ersten kleidungsstücke als kleidend herausgab, ohne worte, natürlich, nicht mitfühlend, taxierend, erwägend etc.

nach zwei jahren ergab ein architektenbewerb, die hochhausfassade, um sie der hässlichkeit zu entziehen, mit bunten kacheln zu ummanteln. man wählte farben, die sich beissen, wie man sagt, und man war der meinung, es wäre schön, passend zur strasse, zum nichtendenden fluss der fahrzeuge und man glaubte, diese farben gäben den menschen, die dort hochhinaus zuflucht suchten, ein wohnliches gefühl. in den xxjahren sind die meisten selbsttötungen von diesem haus getätigt worden, was nicht gegen die farbgebung sprechen soll.

das sogen. herkuleshochhaus verfügt heute über changierende kacheln mit modernem überzug, wo regen, schnee, schmutz etc. abperlen, sodass keine reinigung notwendig ist.

auf der brücke _drei

die nässe hat die bohlen rutschig gemacht, langsamer schritt in die mitte. der kleine baum hat sich nicht halten können. wenige wurzeln greifen in die erde, an einigen ästen stehen knospen im januar, es ist wärmer, wie es noch nicht gewesen ist. 

jean-francois, der bruder

er war von den eltern beauftragt, wie man sagt, und was die eltern in ihrer art zeichnet, marilu in den sogenannten schüben zur psychiatrie, wie es heisst, zu bringen, eher ein verfrachten, weil marilu als ein steinernes etwas keine regung tun konnte. er hat mit ihr nichts zu tun gehabt, er fühlte sie nicht als schwester. als erfolgloser bildhauer, dem kunst fern war, hat er, neben seinem job als grabsteinmeisselnder, in seiner kleinen freizeit gebilde gehämmert, die weder eine neue form des steins bildeten, noch eine figurative annäherung an lebendiges.  später wechselte er den beruf. nach der dreimonatigen fortbildung zum strassenwärter war er glücklich im herumfahren an weges- und strassenrändern, wildwuchs im zaum halten, wegschneiden, was stört, acht stunden, eher sechs am tag mit pausen, die niemand kontrollieren konnte. ich habe des weiters nicht mehr mit ihm kontakt gesucht, und er auch nicht. 

der bruder von marilu sagt

als wir uns nach jahren begegneten, vor dem kaufhaus, wo ich damals ihr begetnete, und wir uns nicht erkennen wollten, jean-francois sagte mir, unvermittelt, ohne vorworte, das ganze bemühen, die zimmer voll von kunst und schreibereien, alles, was dort herumlag … weisst du, dieses bemühen ist von einem moment zum anderen weg, die zimmer werden geleert, in den müll gekehrt, verbrannt, der ganze scheiss, der mich belastet hat, er ist weg. wir haben das haus verkauft, du hast dich nicht blicken lassen, obwohl du doch mit ihr zu tun hattest. aber, sagte er, was ist mit deinem ganzen zeug, das du unablässig produzierst, von einem moment in den anderen kannst du tot sein, und dann kommt die ganze entsorgung und man weiss nicht, ob irgendwas von diesem wust von belang ist, von nutzen, von wert, mit sinn, die welt besser zu machen, falls die welt besser zu machen… falls das alles möglich ist, oder? es wird unwichtig sein, sagte ich, ich habe immer so gearbeitet, dass alles, was ich produziert habe, ebensogut in einem fernen feld vergraben sein kann, wo auch kein pflug und selten ein tier es zu tage befördern kann. das habe ich immer so gehalten, also, bruder, so what. 

marilu hat dich geliebt. nein, sage ich, das stimmt nicht. ich war ihr gleichgültig.

ich schreibe mich zu tode

das ist doch recht nett, sich nicht zutode trinken etc. denn zutode schreiben, als ein netter prozess, meint doch nur, schreiben bis zum ende, wenn’s schreiben nicht mehr geht, weil man eher mit dem sterben zu tun hat. das ist eine nette wendung des tödlich endenden schreibens, des schrifthinterlassenmüssen um jeden preis. der hauptpreis ist, mehr geschrieben als erlebt zu haben. schriftsteller nehmen das in kauf, auch dann, wenn es ihnen nichts nützt. beim leben, sterben und all den vielen zwischenzeiten; dasein zu wollen.

dann, nach so vielen monaten, höre ich meinen alten kater jammern, der sich endlich traut, zu mir zu kommen und in kauf nimmt, nicht geschützt zu sein, und er läuft ungelenk und eifrig unter das bett und begleitet mein einschlafen mit seinen sonoren atemgeräuschen, so dass ich wach werde und zuhöre wie zur musik, die andernnachts ich mir vorstelle, um schlaf zu finden. spät dann stehe ich auf und betrinke mich und gehe zubett und weiss von diesem tier unter meinem bett, und ich komme halbwegs zur ruhe:

das kind unter dem pult des notierenden grossvaters

vielleicht gibt es einen vergleich zu randoph, der wasser giesst in den maulwurfseingang, vieleicht. man schlage nach in den aufzeichnungen. 

das kind, vielleicht eine marilu, hockt unter dem pult, wo ein- und ausgehende waren der schiffe, die anlanden und wegziehen, sorgsam erachtet werden, gewicht, preis, geld, unwägbarkeiten, wie solche immer auch entstehen. der ältere mann ist wortlos, spricht weder mit sich noch jemandem sonst. er ist allein in der grossen halle, gefüllt mit ballen, holzkästen, baumwollumbundenen säcken und den staub, der alles umgibt, wenn ladungen kommen oder herausgehen zu schiffen und eisenbahnen. das kind schaut wie immer und unentwegt und bewegungslos in die helle der öffnung der halle, und hört dem schreiben zu, den bewegungen auf papier, den rhytmen, den impulsen, dem schneller und weniger schnellen schreiben, auch den zuweilen wütenden eintragungen des großvaters. kratzen der feder, später des kugelschreibers und am ende das weggehen des schreibenden mannes, der langsam geht, ob müde oder zornig oder befriedigt von seiner arbeit, es ist ungewiss. das kind wünscht sich kein ende in diesem raum. es bleibt herinnen und sucht sich jede regung des schreibtags zu vergegenwärtigen, es wird nacht, und die müdigkeit ist gross. die beine sind wie verkettet. sie müht sich hinauf und schlägt eine weisse seite auf und kritzelt, den rhytmen, den impulsen folgend, die sie sekündlich fühlt, ihre notate. nicht lesbar, keinen buchstaben erkennend. sie ist glücklich, und an schlaf denkt sie nicht, weil es keine müdigkeit gibt.

ernst herhaus erinnert. an marilu, posthum.

marilu im spiegel in ihrem alten zuhause

es kann sein, dass ich falsch erinnere. ich bilde mir ein, es so gesehen zu haben, die vorhänge in ihrem zimmer in ihrem verhassten zuhause nicht zugezogen. im spiegel sehe ich, wie sie sich ihre kleidung wegnimmt, derart, als nähme man vom essenstisch, nach einer mahlzeit, die üblichen gegenstände vom tisch, um sie wegzuordnen. ohne kleidung ist sie gespiegelt, sie streift sich die weggenommenen stücke wieder an, vielleicht wahllos, und diese prozedur wiederholt sie, als wären es variationen des sich ankleidens und immer gegen jede folgerichtigkeit, wie man sich kleidet. diese szene dauert vielleicht eine halbe stunde, eher länger, und draussen, im dunklen, verfolge ich jede ihrer regungen, ihre scheinbar wahllosen ankleidungen, und je mehr ich beobachte, habe ich das bedürfnis, sie umarmend zu schützen, sie zu bergen in einem … vor einem unbill, den ich nicht begreife.

in der todeszelle_zwei

kehren wir zurück zu marilu. wenn wir das zum verbrennen geschriebene papiers, das niemanden erreichen wird, vulgo letzte worte, diesen verlauf des aufzeichnens im wissen, dass es mit feuer vernichtet werden wird, wenn dies als ein musikalischer akkord, also alles in einem einzigen klang, darzustellen, fühlend darzustellen sein muss, dann, so glaube ich heute, war dies marilus konzept, wiewohl meine ferne geliebte mit konzepten nichts zu tun hatte. ich glaube, dass sie einen einzigen federstrich ihres grossvaters, sitzend unter dem Pult, so empfunden hat. mit einem einzigen strich unter einer vielzahl von prozessen die extreme zusammenfassung zu … zeichnen, im sinn von bewirken, was nun im geschäftsleben durchaus möglich ist. marilus akkorde sind der prozess des verbrennens des gesagthabenwollen. vielleicht ein schiefes bild, das ich hier bemühe. manchmal, wenn ich betrunken bin, schlage ich die akkorde an, es spielt keine rolle, ob laut, leise etc., oder arpeggiert etc. sie, die akkorde, klingen wie nichts was vergleichbar wäre, sind ohne affront, massgabe, duktus, gehorchen keiner verleitung zu auflösung, klingen nicht modern, gesucht, lehnen sich nicht an, wollen nicht verbindungen eingehen, suchen nicht die einzigartigkeit, sondern sind fern von allem erwartbaren, sind ohne nachhall auf gewesensein, getanhaben, klingen als vernichtung vor dem nichtdasein. akkorde, als wäre nie etwas gewesen. als ob marilu in einer todeszelle verweilt hat, immer.

alexansdr skrjabin erinnert 

in einer todeszelle

wo das ende berechnet ist, schiebt der wachhabende papiers durch den türschlitz, er sagt dabei, schreib endlich, damit ruhe ist. der zum tod berurteilte wird einige tage oder wochen schreiben, er weiss, dass sämtliche aufzeichnungen nach seinem ableben vernichtet werden, es ist ein ritual, dem alle bewohner der gefangenschaft beizuwohnen haben, wenn im hof die mehr oder weniger grossen papierhaufen verbrannt werden. es ermutigt sie, auch nach papier zu verlangen, weil, wie sie zu fühlen glauben, dieses scheinbar vergebliche hinkritzeln eine wohltat, ein wohlfühlen gibt, was mit nichts anderem … in dieser lebenslage … zu erreichen ist. schreiben, obwohl es in bälde gelöscht werden wird. obwohl das digitale längst das normale geworden ist, verlangt jeder insasse nach papier, und, bevor es verbrennt, könnte man die eine oder andere kraft, energie, wütende und trostferne energie erkennen, mit der buchstaben in das papier getrieben worden sind. manche schrift erscheint federleicht, was nichts zu bedeuten hat.

am meer, ein zuhause suchend

am meer, das zuhause suchen. der andere satz. korrigieren, um etwas näher zu kommen. an sylvester steigen keine raketen über dem dunklen meer, und trakl sagt, schwester dunkler schwermut, ein ängstlicher kahn versinkt unter sternen, dem schweigenden antlitz der nacht.

also zitiere ich allein, womöglich verlassen von egal von was … meinen trakl, ich gehe zum bierloklal an der meerabgewandten seite, wo nur sand ist, kaum wind, einige trunkene leute herumstochern auf ihrem weg nachhaus, brabbeln, erzählen sich was, was in einigen stunden vollkommen vergessen ist. die zigarette wärmt nicht, warum auch, es ist nicht kalt und entgegen jeder winterzeit recht warm. ich gehe in das hotelzuhause und schreibe auf, was hier zu lesen ist. es ist die zweite annäherung. dann, einschlafend, erinnere ich mich des späten vogelflugs, es müssen die jungen kraniche sein, hatte meine frau damals gesagt, es sind die, die noch nicht haben fliegen können,  als alle andere in den süden gezogen sind. jetzt, sagte sie, ende dezember, sind sie stark genug.  während ich einzuschlafen suche in diesem hotel, hole ich mir das bild der jungvögel hervor, stunden bevor ich zum strand gegangen war, und ich sie ohne wissen und gefühl habe sie weiterziehen gesehen. und als ich einschlafe, fühle ich mich traurig, das weggehen meiner geliebten vögel nicht trauernd begleitet zu haben. dann kommt der schlaf, und ich spüre noch, wie ich mich zurechtlege.

für meine marilu, die jetzt tot ist.

oh, wieviele nichtigkeiten sind es, die mich ins nichts abdriften wollen

bernhard sagte, im meeting, das er früher hatte verlassen wollen, dass seine ihm zugeordnete obdachlosen, die er sorgsam, aber nicht mitfühlen wollend, umsorgte, dass sie fast alle, beinahe jeder, das nichtige haben wegtrinkend zerstören wollen, sterben ja, aber nicht jetzt. nichtigkeiten löschen, so viele. nicht seiende kleine existenzen, die man nie gewollt und man sich zu keiner zeit in ihnen zuhause gefühlt hat. das zutodesaufen ist das magische denken, über die klippe zu springen, um zu leben, auch wenn es tödlich ist. der sprung , der jedentags genommen wird, ist, nicht wirklich zuschanden zu kommen, sondern das leben irgendwie doch noch zu erreichen.

man schlage nach in meinen aufzeichnungen, die bernhard betreffen.

avoir peur

ich hatte, wie so immer … solche schreibende angeschrieben und meine vielen texte gesandt, ob sie angerührt wären und wenn, sie etwas tun könnten? für die texte, für mich, um zu wissen, dass mein schreiben nicht fehlgeht. es hat niemand jener schreibenden, die ich sehr achte, geantwortet. ich denke, sie haben angst, oder, milder gesagt, sie fürchten sich vor dem kontakt mit einer möglich derangierten person, die ich nicht bin. avoir peur, angst haben, angst besitzen, furcht nützen, um nicht fernab berührt zu werden. angst, furcht als instrumente, nicht fremd zu gehen, zu werden, zu bleiben. wieviele waren es bisher? alle, die ich achte, ihre rhytmen, satzgefüge, beschreibungen fernerer welten des alltags, handke, kertesz, mario, auch gestandene kritiker, die ich schätze, weil sie das gegenläufige schätzen und angemessen für die öffentlichkeit vermitteln. sie alle haben mir nicht geantwortet, wie damals, als ich, nacht werdend, am fenster rufe, und es des nachts von draussen keine antwort gibt. natürlich nicht, es ist ruhig, fast still, und ich schäme mich ein wenig. dann schlage ich nach in meinen aufzeichnungen und bin berauscht von der stimmigkeit, dem klang, den rhytmen und dem wissen, dass jedes wort zurecht jedem weiteren wort gefolgt ist. ich sage mir, ich rede mir zu, dass ich ein guter, ein wirklicher schreiber bin, und dass ich es weiter tun werde, wie sagt man so wohlfeil: ums verrecken.

nichts von belang

es ist nichts von belang. grossmutter stand auf und ordnete die abendbrotschnitten in einer anderen anordnung, sinnlos, ohne richtung, sie wollte ablenken von einem drohenden gespräch, wo schuldzuweisungen die oberhand gewinnen und den gemütlich begonnenen abend zerstören. als kleiner kerl habe ich diesen kurzen satz mir für immer gemerkt. ich sehe mich noch unter der bettdecke, ein oder zwei jahre später, die buchstaben dieses satzes buchstabieren, zerlegen, in jeden buchstaben, bis der sinn zerfällt. wenn ich später dann unter angst litt, holte ich die zerstreuten buchstaben hervor und setzte sie, schläfriger werdend, zu jenem satz zusammen und es war wie eine magie, das drohende abzuschirmen, ganz gleich, was mir als drohend erschien. wenn ich heute, derangiert und lebenslos zu abend sitze, allein und mit fürchten, keinen schlaf zu bekommen, wenn ich nicht weiss, wie die folgenden nachtstunden zu gestalten sind, schlaflos oder in einem betäubten sosein, versuche ich, grossmutter diesen satz sagend zu beleben, was nicht immer gelingt. aber wenn, dann ordne ich meine gliedmasse, wie sinnlos, die beine, arme, hände etc., und wenn sich müdigkeit einstellt, glaube ich, dass ich ihren satz murmele, nicht mehr ganz bei mir, im versinken begriffen und mit einem seltsamen gefühl von liebe.

als mensch

„werde ich vielleicht sterben oder als ein tier, in das ich mich solange hineingewünscht habe, ein leben lang.“

vielleicht sterben, sagt das kind. es redet nach, was es gehört hat in der abendrunde des besuchs der entfernten verwandten, wo brote mit wurst und käse und aufgewärmtes gegessen wird, es gibt gläser mit wein und flaschen, die geöffnet und ausgetrunken werden und zigarrenrauch und das viele lachen, das befreite lachen von allem, was sonst den tag kaum ertragen lässt. viel und leicht. randoph, elf oder zwölf jahre alt, spricht sich die worte viel und leicht leise daher, und das sterben ist ihm ganz fern. er fühlt sich auf immer geborgen im gemeinsamen abendbrot und kaut glücklich das brot mit leberwurst. rauchschwaden vernebeln die tischlampe, und randolph glaubt, er wäre bei ihnen allen aber trotzdem nicht ganz zu sehen, wie ein kleines tier, das unter der schwelle hineingelangt ist, und teilhaben kann am leben, das nicht enden kann. randolph wird ein elektriker werden, zeitnah, bis hin, wenn es elektriker nicht mehr zu geben braucht. er wird in seiner rentenzeit zusehen, wie sogen. digitales das handreichen ersetzt, wenn vieles und vielleicht alles wie von selbst sich fügt. dann wird er ganz alt sein. und er wird ganz in sicherheit und an einigen tagen dann an diese vergangenen kinderabende denken, sich vereinnahmen lassen, allein mit sich und dem sterben ziemlich nahe.

das ist oft das ende, wenn man geht, ohne weggehen wirklich gewollt zu haben. 

an unica zürn.

kafka was here

am verrauchten universitätsgebäude der mit pinsel und gelber farbe aufgebrachte satz. ein einziges fahrrad lehnt in der abstellvorrichtung. der hausmeister ist weggegangen. er hat die stromleitung gekappt. man sieht im laternenlicht den dünnen regen. jemand radelt vorbei und sieht nur nach vorne, um auf der radlerspur zu bleiben. am nächsten morgen wird ein kleines mädchen, in der hand der mutter auf dem weg zum studentenkindergarten ein blatt papier finden, das halbseitige notat einer vorlesung, oder stichworte eines seminars, oder einer übung, wie man es hochschulmässig nennt. die mutter, die frau an der Kleinen seite, liest den kafkasatz und vergisst ihn. sie ist eilig, wie studentenmütter zu sein haben, immer im begriff, das nächstzutuende in der bewegung vorwegzunehmen, um zeit herauszuholen für sich oder sonstwas, was nicht herauszuholen sein wird. den geruch des abgebrannten gebäudes riecht sie nicht. sie kämpft sich durch den regen, der weniger fein vom himmel fällt. zuweilen zieht sie ihre tochter zu schnellerem gehen. sie friert und wünscht sich in das cafe an der ecke, unweit des studierens, zu kaffee und kakao und einem süssen imbiss, wo sie vielleicht notizen oder manuskripte ansehen kann und sie begutachten, in ruhe und bestätigung, wissenschaftlich gearbeitet zu haben. kafka ruht neben ihr aus, er sieht ihr zu, er lehnt sich zurück, er hat alles richtig beschrieben, es braucht keine korrektur, so fehlgehend doch alles ist.

über das verwehen

schreibübung in höheren schulklassen.  ein titel, thema, nichts sonst. nach meiner entlassung, auf dem weg zur strassenbahn, fiel mir dieser satz ein, ein thema für meine verlorengegangenen schüler, das sie nicht mehr erreichen würde. am abend setzte ich mich an das schreibgerät, und sandte diesen titel, dieses thema, an  einige adressen der schüler, die mir noch geläufig schienen. ich fragte an, ob sie sich aussetzen würden, fern von schule und alltag, ob sie mir darauf antworten würden, als ob sie noch schreiben müssten, in schulen, in vergegenwärtigungen, die sich ergeben im alltag, die erledigt sein müssen, auch dann, wenn man fern ist von jeder schreiberei, jedem innehalten und stiftsuchen, um etwas zu papier zu bringen, wie man so sagt. randolph, der junge vom maulwurfshügel, nun fast erwachsen, sandte mir wochen … monate später diesen text zu. er hatte aber den titel falsch gelesen, titelte mit „über das  vergehen „. 

hier sein text.

ich habe mich beeilt, Ihnen zu schreiben. aber alles andere ist mir dazwischengekommen. es ist oft so, dass, wenn ich etwas will, es nicht machen kann, und wenn ich versuche, diesen wunsch noch einmal zu fühlen, ist er weg. und ich habe keine zeit, herauszufinden, was es gewesen ist, was ich mir wünschte, zu tun. Sie waren ein guter lehrer, umd darum antworte ich Ihnen.

draussen weht, wie so oft, der wind, zufällig zu meinen notaten des titels zum verwehen. die mittelgebirge mit ihren windverformenden höhen und tälern, übernachten in meinem schreibzimmer und gehen hinaus, wenn ich das fenster schliesse, wenn es spät ist, wenn ich fertig geschrieben habe. 

beim einschlafen fühlte ich mich schuldig; ich hatte es nicht geschafft, in meinen unterrichten das schreiben, das innere reden zu allem, was zählt, so nahezubringen und zu verfestigen, dass das schreiben das unwiederholbare wiederholbar machen kann, und dann das gefühl entsteht, dass alles dennoch seine richtigkeit hat, dass nichts vergeblich ist, wenn man es,  ganz gleich wie ungenau, es zu beschreiben sucht. mit mühen, mit schmerz, es nicht ganz genau wiedergegeben zuhaben. ich habe es nicht geschafft, den schreibschmerz als unerlässlichen aber heilsamen begleiter meinen schülern nahezubringen, so nah, dass sie, in welcher lebenssituation auch immer, darauf zurückgreifen und sich vergewissern können. also war ich kein guter lehrer der sprache, des schreibens als eine medizin, die man nicht verordnet bekommt,  sondern die man mit stift oder schreibgerät einzusetzen weiss. randolph hat die erinnerung daran, ohne die möglichkeit in seinem alltag als elektrofachmann, mit kind und kegel und frau und eigenheim am rande der stadt. mir fehlte der mut, ihn einzuladen, um nachzuholen was nicht nachholbar ist. also …. darum schreibe ich. es auf.

19:3

neunzehn geteilt durch drei. nur soviele hätte ich mitnehmen können. haben Sie ein zuhause, fragte man mich, das dem gerecht wird? aber ja. ich habe kein zuhause, das mich einengt, sagte ich, es ist fast vollkommen frei und ebenso sicher, denn ich hege es, ich kümmere mich jedentags, es ist immer alles so bereitet, dass alles hinzukommen kann, um bei mir da zu sein. Sie reden so, sagte man, als sei es egal, ob das Hinzukommende lebt oder ein … irgendein gegenstand ist, ein stein, ein alter ast, ein verwehtetes blatt papier, beschrieben oder nicht beschrieben. ich sagte, ich lasse es zu, ich gebe allem ein zuhause, aber eines ist mir nicht möglich, dasjenige, was zu mir kommen möchte, zu zerteilen und so sein herz in stücken zu mir zu rufen, es wäre, sagte ich, ungefähr so, als würde ich eine zuneigung abwiegen wie ein metzger das fleisch auf der waage, und der mich fragte, ob es so recht sei, oder etwas mehr oder weniger. Sie sind hier falsch, sagte man mir, wir vergeben nur teile, lebenszeichen, und ob sie nun passen oder nicht, das können wir nicht beurteilen. denn unsere philosophie ist, entweder Sie fügen die teile halbwegs zusammen und erleben sich als guter mensch, oder Sie verlassen das gelände und suchen eine andere lösung.

eine sogen. sternschnuppe driftete vorbei, und ich wünschte mir, nicht hier gewesen zu sein.

*an marilus vater, posthum, in den klippen der berge

im concertgebouw

der pianist, der die noten, nachdem das orchester sich geweigert hatte, spielte, blieb am pianoflügel. als er aufstand, ging ich zu ihm. wie er an die noten gekommen sei? es ist eine niederschrift von marilu, sagte ich, und ich erinnerte ihren nachnamen nicht. es ist von schostakowitsch, sagte er und sammelte die blätter zusammen, er fühlte sich gestört, wollte wohl ganz alleine sein. darf ich es mal sehen? fragte ich und er gab mir die noten, widerwillig. er war schweißnass an der stirn. ich erkannte marilus schrift, die gezerrten noten, die aussehen, als wollten sie den ort ihres klanges verlassen und dennoch beihalten, dieses scheinbar zittrige notieren, ungelenk, wenn man marilu nicht kennt, ihre schreibweise, die art, buchstaben, noten und notenhälse zu zeichnen, für sie eine vollkommen sichere art zu notieren und wir anderen sehen nur das abdriften der zeichen, das nicht bestimmte, willkürliche, das vielleicht durch drogen verunstaltete bemühen. ich gebe ihm die blätter zurück, etwas später bin ich allein im concertgebouw in amsterdam, und der hausmeister erinnert mich an den hausmeister von damals, als ich bernhards spuren suchte und er mich einlud in sein appartment und wir einige worte wechselten und sich an marilu nicht erinnern konnte. in amsterdam streifte ich dann umher, es wurde spät und ich war müde. eine sexarbeiterin sprach mich an. ich folgte ihr (ich folgte einem zombie, filmtitel). sogen. sexualität ereignete sich, en passant, ich gehorchte den zwangsläufigen impulsen, fühlte mich weder befreit noch sonst etwas, ich weiss nicht, wie sie ausgesehen hat oder ob sie irgendetwas gesagt hat.  es war, als wäre ich vor dem schlafengehen noch einmal um den block gegangen, eine zigarette rauchen und vor und durch den regen schneller gehend, meine adresse zu finden. ein teures hotel, das ich unbedacht ausgewählt hätte. später, ganz in der nacht und wieder wach, fiel mir ein, was der russische pianist, zum ausgang der halle gehend, mir zurief. i am the only who found his last notations and i am the only one, to play it, it is obscure and far away from that, what we think, it could be from schostakowitsch. but it is. and whenever i will be invited to play, this will be the last piece in my performance. (24 Preludes, no. 3).

das schreiben eines romans in stückchen kann notwehr sein oder es geschehen lassen

damals, seinerzeit … in der akademie. schreibschüler, studenten, literaturfresser, angehende zufriedenwerdende, einige mit erfolg. verlegen noch heute, das ist okay … o.k., was bedeutet, ohne kommentar. ich schreibe kommentare zu dem, was ich als nichtschreiben absondere, noch bevor es ins bewusstsein meiner schreibfinger aufsteigen kann. so gesagt, ich arbeite auch nicht mit dem sogen. automatischen schreibsetting, wie ihn breton etc. und wohl einige vor ihm in anspruch genommen haben und seinerzeit zu rechten zeit.  ich bin nicht in der rechten zeit, was gängig ist, treibt mich nicht. meine arbeit ist, das automatische kommen der wörter, buchstaben, der rhytmen … zu filtern, was heisst, auch nicht frei zu schreiben. ich nehme das automatisch sich gerierende schreiben und zersetze es, sehr schnell, und nehme teile daraus und transportiere sie in ein bewusstes textgefüge. seltsam, wie diese texte fast immer die gleiche zeit benötigen, auch ihre länge, diese stückchen, und wenn ich sie lese, empfinde ich notwehr und gehenlassen und auch gegenwehr und auch ihr recht, da zu sein, egal, was immer auch als konsumierbar bewertet wird. meine zufriedenheit daraus dauert nicht lange. ich setze mich des späten abends hin, und verfertige ein neues kleines stück, hoffend, dass es sich fügt.

der hausmeister des buntgekachelten hochhauses, woraus sich einige durch sprünge ihr leben genommen haben

ich befahre die strasse nur noch selten, seitdem ich, wie man sagt, auf das land gezogen bin. als damals die akademie abbrannte, und ich mein fahrrad vor dem portal abholte, abholen wie als eine kleine sicherung an diesem abend, und ich das gefährt schob durch die verhasste stadt; vor mir ein kleiner mann mit blauer kittelkleidung, und ich entschied nicht, sondern trottete nach, nur so, als wäre dieser blaubekittelte mensch, als zöge er mich hinter sich her, ein schwach ziehender magnet … das ist nicht gut beschrieben. nun, er war hausmeister der akademie und, wie ich sah, wohl hausmeister dieses buntgekachelten hochhauses, und das bedeutet nichts. nein, natürlich nicht. aber bernhard hatte dort gewohnt, und als ich hinter dem hausmeister herzog, überkam mich das bedürfnis, ihn nach bernhard zu fragen, oder, ach, ich weiss nicht, was mich leitete. ich blieb bei den müllcontainern stehen und machte auf mich aufmerksam, indem ich die stählerne klappe mehr oder weniger sachte fallen liess und er sich umdrehte und zum schein der gelblich leuchtenden hauslaterne sich drehte und ein stück näher kam, mich ansah, und er setzte teile von erkannten personen aus seinem berufsleben zusammen und es zeigten sich erinnerungsteile in seinem gesicht, so dass man dreinschaut, als kenne man einen oder eher auch nicht. wir überbrückten falschgehendes kennenlernen und er bot mir an, in seine wohnung zu kommen. jetzt, wo Sie hier sitzen, sagte er, kann ich mich undeutlich an ihr gesicht erinnern. ich fragte ihn nach marilu, die er aber nicht erinnerte. bernhard hatte er natürlich öfter gesehen, und als bernhards appartment aufgelöst wurde, erzählte er, habe man nichts von belang gefunden, nichts persönliches, alles mobiliar sei im sperrmüll gelandet.

mein hund ist ein schlächter

er ist blind und zerreisst das vogeljunge am wegrand, das zuckt und zum letzten mal laut gibt, ich schlage ihn, es ist falsch. er zuckt und erschrickt sich vor mir, der ihn noch nie geschlagen hat. ich liebkose ihn, was nichts zurückholen wird. er wird bald sterben, er ist alt. ich wünschte, ich wäre mein hund und schaute mich an und vergäbe mir, was ich getan habe, so dass es ungeschehen wird. für immer. liebe, die nicht funktioniert. was für ein wort.

für marilu, posthum. für das unrückholbare, das nicht zurückzuholen ist und das wollen, es dennoch zu können.

there are different types (who will count) of sexuality

sich vergewissern. nach hause kommen. fühlen, was fehlt. das fehlgegangen sein, nachdem das begehren gestillt wurde, ohne das begehren gestillt zu haben. vereinigung als vorwand, wenigstens für minuten nicht trostlos allein zu bleiben auf immer. und die ewigkeit, die sich wiederholen lässt, um ewigkeit zu täuschen. die strecken der liebkosungen varrieren je nachdem, wie fern man ist von einem seltsam gefügten ich. je nach dem entgleiten die liebkosungen in unterdrückung, zerstörung dessen, was man vorgibt, zu lieben, in sich zu vereinen. das vereinnahmen des anderen als fressen. ich habe meinen hund zum fressen gern, aber ich weiss, würde ich ihn töten und verzehren, wäre es nicht das gefühl, ihn zum fressen gern gehabt zu haben. wir menschen sind aber so, mehr oder weniger. manche von uns erleben ihre ureigenste sexualität, wenn sie geschlachtet und aufgegessen werden. wollen. müssen. nicht immer ist es so dramatisch, ihr lieben.  es ist auch der biss in den nacken und das aufsaugen des geschlechts, das hungrige jetzt ganz zu sein. die liebe, ihr lieben, ist anders. kein wollen. das seinlassen, das freilassen,  das annehmen, was immer auch geschieht, das nachsehen, nach sehen, wohin das zuliebende sich bewegt. das loslassen in liebender entfernung, ohne rückführung, weil man weiss, dass der sich entfernende teil nie teil seines unvollständigen selbst gewesen ist und weil man weiss, dass es solche zusammenführung nicht geben kann. darum heisst es, man stürbe allein. brutal gesagt: wieviel wir auch gefickt haben mögen, es nützt nichts vor dem alleinseienden sterben. die rückhaltlose zuneigung kann uns einschlafen lassen, befriedet und allein mit uns. ich habe mich nicht lieben können, ist die wahrheit, weil das unvollkommene nicht das ganze ist, die liebe.

so lasst uns einschlafen, mehr und weniger todmüde oder betäubt und dennoch unruhig und träume herbeiwünschen, die sich nicht wiederholen lassen. es sind aber die träume, wo wir uns, unsere ichs … nicht finden, sie sind uns fremd, sie haben mit uns nichts zu tun, wir sind entfernt von uns und betrachten die entzweiung ohne gefühl, weder mit angst, sorge und sonstwas. wer kann mir hier folgen.

es wird kälter

im november vorigen jahres hatte der busfahrer n.n. auf seiner abendlichen route, die kleine dörfer mieinander verbindet – es waren keine fahrgäste darinnen – den unbezwingbaren wunsch oder das bedürfnis, auf sogenannt freier strecke anzuhalten, und er verließ das fahrplanmässige fahren und hielt den bus an. er entlüftete die bremsen, legte in der sanften steigung des mittelgebirgsberges den ersten gang ein und sicherte mit der feststellbremse das gefährt. draussen gab sich die natur an, in kälte tiefer zu fallen, und er drehte am zündschloss, ohne den motor zu starten, um die heizung zu schalten, weil er von der person wusste, die in drei kilometern am wartehäuschen warten würde, und er nicht kommen würde. er wusste, dass er nicht weiterfahren würde, weil er innehalten musste. er musste jetzt aufhören, zu fahren und seine aufgabe: nicht zu tun. er war beseelt von einem impuls, es … etwas nicht mehr zu tun. etwas seinzulassen, auch dann, wenn es einem anderen schadet. n.n. machte sich eine zigarette zurecht, rauchte ein wenig, ohne befriedigung, tastete nach dem warmen schwall der busheizung, wärmte seine hände und ging in die kälte, die noch ein, zwei grad an minus zugenommen hatte. er ging hinaus und entledigte sich seiner kleidung. er hockte sich neben die vorderreifen des gefährts. er nahm sich vor, bis, wie man sagt, bis auf die knochen zu frieren. er hatte eigentlich nie busfahrer sein wollen. aber bevor er sich hineinträumte in ein leben, das vollkommen anders wäre als das, was er lebte, stieg er nackend ins fahrerhaus, löschte den heizstrom, startete den motor und dachte, jene person, die auf ihn wartete, sei noch im wartehäuschen. sie war aber nicht mehr da. sie war zu fuß gegangen, sieben kilometer, ohne zorn, wut, ergeben, dass ein bus nicht kommt, und dass man nachhause will und gehen, weiter gehen, um das zuhause, das wärmt, doch noch zu erreichen. zuhause angekommen, schlingt sich der busfahrer in sein bettengehäuse und umarmt sich nackt und knetet den körper zusammen und schafft es, anderes leben in vorstellung nicht zuzulassen und schafft es, schlaf zu bekommen. beim letzten einschlafen aber weiss er, dass er anders am leben sein könnte. er könnte es, und das lässt ihn einschlafen. was ist kälte.

es ist kalt

ich weiss nicht, warum ich mich der kälte aussetze, fenster offen, auch noch ein wind, der hineinweht, die kleine petroleumheizung kann es nicht vertreiben. ich denke an randolph, den kleinen jungen, der wasser ins maulwurfsloch gegossen hat, um zu sehen, was passiert. ich öffne die nächste flasche, und giesse sie in mich, ich gewöhne mich an luftzüge, gepolstert mit kälte, sie umpolstert mich, ich friere nicht und frieren wird mir gleichgültig. es ist nicht der alkohol, der alkohol ist nur die brücke, und ich beende das trinken. jetzt kann ich schreiben, es ist so wie mit randolph, der weiters nicht zusehen konnte, was mit dem maulwurfshügel geschieht, der hineingerufen wird zum mittagessen und hernach zum kindergarten, wo zur weihnacht gebastelt wird. jetzt bastele ich auch, als ein schreibender, und so wie randolph vergesse ich den beginn, den anfang, ich schreibe im glauben, nicht gestört worden zu sein, nicht aufgehalten, sondern ganz frei, als hätte es kälte und kalten wind nicht gegeben. aber ich bin kein kind mehr, und so weiss ich und fühle ich, dass meine bastelei, meine schreiberei mir zwar wärme erzeugt, die aber nur schicht ist, ein mantel über dem mantel der kälte, den ich nicht wirklich habe tragen wollen. lenz im gebirg, die kälte zu erleben suchen im schreibzimmer, wie kalt es dort auch immer ist. immer noch erträglich, nicht wahr?

der hausmeister der verbrannten akademie (man schlage nach)

nachdem ich vom hochschulgebäude weggegangen war, kam der hausmeister noch einmal zurück, er wohnte unweit, wie man sagt, der universität, und da er nach einem streit nicht gut schlafen konnte, er hinübersah und das licht im entree, das brennt, fortwährend, wiewohl alle anderen leitungen durch das feuer zerstört sind. die elektrische leitung des entree ist aber unabhängig und hängt am hauptstrom, jener versorgungsader, die städtisch für notfälle gelegt worden ist. der hausmeister beendet seinen schlafenmüssenzwang, erleichtert, weil er eine aufgabe spürt, dieses stromverschwendende leuchten zu beenden. warum ich das schreibe? weil sich das wollen des hausmeisters kaum oder nicht unterscheidet vom wollen der schreibenden, in unruhe zu eigentlich falscher zeit und dennoch froh, nicht dem üblichen rhytmus zu gehorchen, sich unerwarteten forderungen, die man doch frei entscheiden könnte, sich … zu unterwerfen, als wäre es ein hereingewehter impuls aus dem off des bewusstseins. man ist dankbar für die inspiration, man vergisst den streit und tut, seltsam befreit, als wäre man wieder einmal wieder bei sich, geborgen in seinem tun, solange es anhält, entweder die stromleitung zu orten, sie fachgerecht zu den anderen toten leitungen zu beordern, oder den text, der länger schon rumort, in eine fassung zu bringen, mit der man, endlich müde, endlich schlaf finden kann, könnte. 

nun, wenn ich aus dem off schreibe, bin ich nicht bei mir. ich benutze den trick der hausmeisterbeschreibung, um in einen  schreibzustand zu kommen, der länger anhält und mich länger nicht schlafen lässt. so ungelenk beschrieben.

im frost

sich vorzustellen, man sei gestrandet, winters, gestrauchelt, weil keine kraft mehr ist, weiter zu gehen, die erde hart, bewuchs ummantelt von gefrorenem. das liegen, das erliegen annehmen. die kälte in sich hineinkommen lassend, zulassen als ein notwendiges geschehen von lebendigkeit. dann das feuer entzünden, die wärme, die ist, wenn man sich bereit fühlt, ein gutes gedicht zu verfertigen, wo jedes wort sich fügt und sich als richtig und unveränderlich zeigt. am zwanzigsten jänner ging lenz durchs gebirg. lenz, frühling, herzerkalten und schreiben, dichten ums verrecken. nicht. oder so: vor dem erfrierenden todgehen mit der wärme des dichten schreibens sich anheim geben, wohin immer auch das ende sich ergeben wird. 

absatz. leerstellen und unausgefüllte sätze. marilu ist in einer der unzähligen gletscherspalten nicht gefunden worden. es gibt keine nachricht, keinen zettel, beschrieben, den irgendein wind verweht haben könnte. georg büchner, trakl, hölderlin. das herz ist ein einsamer jäger.

korrigieren_drei

gestern haben Sie gesagt … und heute sagen Sie, wir sollen … sagten einige schüler, und dann stimmten alle ein, und alle wiederholten meine widersprüchlichkeit. Sie haben aber gesagt… ja, sagte ich, das ist der stoff für unsere stunde jetzt. das korrigieren. das wegschneiden, herausreissen, verschieben, ins nie geschriebene löschen, es vergessen zu wollen, das neue zulassen, das alles bisherige unmöglich macht, um trotzdem alles bisherige nicht wegzuwerfen, sondern es zu … kurieren, obwohl wir glaubten, wir hätten ganz nah zu unserem schreiberherz geschrieben. korrigieren heisst, dass wir nüchtern aufwachen und uns für dies und das, was wir geschrieben haben, uns schämen oder wir ganz genau spüren, dass dies und das zu entfernt ist von unserem schreiberherz. korrigieren heisst, diese fehlgehenden stellen treffender zu füllen, und doch in der gewissheit, den ursprünglichen impuls des gefühls, als wir schrieben, nicht mehr aufzufinden. das ist schmerz. korrigieren tut weh, weil es nicht in ordnung bringt, nicht heilt, aber uns durch die notdüftig reparierten stellen erlaubt, weiter zu schreiben. das ist ein mist, sagt der schüler x, ich will meinen aufsatz gern haben, und wenn ich etwas in ihm finde, was mich stört und ich mich schäme, dann schreibe ich was neues, anderes. ja, sagte ich, das geht nur dann, wenn du mit dem, was du hättest wirklich schreiben wollen und du dich schämtest, du tatsächlich etwas neues, ganz anderes wirklich zu sagen haben fühlst. ich möchte fast alles korrigieren, sagt selma, aber sie weint kurz, weil sie weiss, dass einige sätze dazwischen wahr sind, und der unkorrigierte zwischenraum unwichtig ist. dann, sage ich, wird aus solchen texten gedichte, sie lassen die leerstellen leer und zeigen nur das unkontrollierte schreiberherz.

aufgeben

die aufgabe aufgeben (1, als etwas zu erreichen sich vorzunehmen, oder ein lehrer, z.b., stellt eine aufgabe), und das aufgeben (2, als eingeständnis, es nicht zu schaffen).

das aufgabenheft (1). das nichtscheiternwollen, bevor man scheitert und das scheitern annimmt (2). das fremde verordnet zu bekommen (1, durch sich selbst oder z.b. den lehrer). das innere nicht ummanteln zu können (2).

versuche und anstrengungen beenden, als schüler (1), als mensch mit sehnsucht, sich durch kreativität zu bestimmen (1,2).  weil man weiss, dass das zu erschaffen erdachte, erwünschte, geplante … nur ungenügend die koordinaten des wirklichen selbst bestimmen wird. fast alle komponisten, zum beispiel, haben darum ihr ureigenstes ziel in immer ähnlichen variationen zu finden gesucht. oder schreiber, mit ihren eigentlich immer gleichen themen, schreibweisen etc. ich wünschte, ich wäre mit sechzig der kleine schüler, der sich der massgabe des lehrers nicht befähigt fühlt und aufgibt, den stift liegenlässt und sich wappnet, den tadel oder die verständnislose frage des lehrers, warum nicht gemacht wurde, was aufgabe gewesen ist, 

 

gemacht wurde, was aufgabe gewesen ist, teilnahmslos dem sprechenden gesicht des lehrers entgegensieht. trotzig gegen alle sehnsüchte.

an anton bruckner gedacht, zum beispiel.

was ist arbeit

fragt randolph (man schlage nach in meinen aufzeichnungen), der junge, der wasser in den maulwurfshügel giesst, um zu sehen, was passiert.  randolph ist vier jahre alt, eher fünf, vielleicht sechs, und mutter drängt ihn, aus der badewanne zu steigen, denn vater kommt, sagt sie im unfreiwilligen ton, vater kommt bald von der arbeit nachhause. arbeit, wiederholt die mutter, sie trocknet abwesend seine haut. wenn du dein zimmer aufräumen musst, obwohl du keine lust hast dazu. ich will mein zimmer nicht aufräumen, sagt randoph, es muss alles so bleiben, weil ich morgen weitermachen will, sonst geht alles kaputt, was ich gemacht habe. aber, sagt die mutter, wenn wir alles stehen und liegen lassen, finden wir uns nicht mehr zurecht. doch, sagt ramdoph, ich finde alles wieder, ich weiss, was ich gemacht habe und es ist schrecklich,  wenn alles weg ist und nicht mehr dort, wo ich es hingetan habe. du zwingst mich, und das ist blöd. wir müssen oft tun, was wir nicht wollen, was blöd ist, randolph, damit wir … nun, damit wir leben können, geld haben, einkaufen, marmelade und wurst, deine spielsachen und die nudeln, die du so gerne magst. dann will ich nicht leben, sagt randoph, dann werde ich nichts mehr essen. es ist zeit, randoph, komm aus der wanne, vater ist gleich da und er ist ganz müde und will schlafen gehen und wird morgen mit dir spielen, morgen, wenn sonntag ist, sonntag. was ist sonntag.

die therapeutin von marilu

frau marilu fontaine war nur ein einziges mal bei mir, sie kam mit ihrem vater. ich erinnere mich, dass er ihr nonverbal zeichen gab, so subtil, dass ich heute denke, er hat es nicht bewusst getan. ich glaube, es war eine art … mechanismus, wie er, möglicherweise, nicht nur mit seiner tochter, sondern auch mit bestimmten personen umzugehen … nun, es gewohnt oder auch hierzu gezwungen war. sein vater hat in den 19xxern das kontor in bremerhaven gegründet und erfolgreich entwickelt. marilus vater hat das geschäft reibungslos übernommen, und ich denke, dies war keine entscheidung, es gab, wenn Sie mich verstehen, bei ihm kein fragen, nur das folgen. wie Sie mir erzählten, hätte marilu als kind sehr oft am stehpult des grossvaters verweilt, ihm stundenlang zugesehen, wie er mit immer den gleichen schriftzeichen die ankommenden waren gekennzeichnet, eigentlich gezeichnet hat, um sie für den weiteren verlauf zu bestimmen. marilus vater nun hat diese, sagen wir, mechanische tätigkeit, die eigentlich einen kaufmann nur zu kleinen anteilen ausmacht, das notieren eines … kanon von stets wiederkehrenden schriftzeichen, als wichtigstes mittel der geschäftsführung genommen, erachtet; ein kranker mensch, der nur zu überleben glaubt, wenn er den vater, aus welchen gründen auch immer, meint, lebenslang in sich abbilden zu müssen, ohne irgendeine zeit zu finden, sich zu spüren. ich glaube, sagt die therapeutin, dass marilus vater sich in keiner weise dessen bewusst gewesen ist, sondern vielleicht sein lebenlang nur reagiert hat. marilu muss, aus welchen gründen auch immer, ich hatte nur diese eine stunde mit ihr, diese … art …  dieses stoisch verharrende vaterbild, ein bild, geliebt haben, was meint, ihre orientierung zu sich selbst. und das ist der punkt: das selbst. denn wäre es relativ ausgebildet, hätte sich marilu auch anderweitig orientiert und nicht gefangen geblieben in einer unauflösbaren vaterfixierung. warum ihre mutter hier keine öffnung geboten hat, weiss ich nicht. anscheinend gab es in marilus leben auch keine näheren menschen, oder auch ein lehrer in der schule, der sie etwas anderes hätte erkennen, sehen …  lassen. es tut mir leid, das alles ist dürftiges material und jenseits jeder fundierten erklärung, diagnose etc. zu marilu. 

als ich nach langer busfahrt in der dämmerung nach hause gehe, höre ich den dumpfen schuss der jäger, vielleicht einen kilometer entfernt und höre das verfehlte getier schreien und sich immer weiter entfernen wie das sehr langsame decrescendo eines largo, adagio, als einen einzigen ton. dann ist es still. feriengäste, deren autos herumstehen, sind ruhig, ich sehe hinüber, sie essen zu abend. sie sind zusammen und kauen in freundlicher gemeinsamkeit.

meine frau ruft den hund zur schlafenszeit. es wird spät, ich kann nicht atmen.

mario wirz erinnert. zugeeignet, posthum, wie man so schön sagt.

 

 

 

 

ugeeignet, wie man sagt. posthum.

 

der therapeut fragt_2

also haben Sie pentaphenin genommen. ich weiss es nicht, antworte ich. ich sehe ihn an, er giesst tee in den becher, schüttelt hin und her, sagt, er ist etwas heiss. er würde warten, bis es trinkbar wäre, und er blickt in den becher, minutenlang. dann sagt er: wenn ich es richtig erinnere, haben Sie pentaphenin eingenommen, ich glaube, es sind zehn, elf jahre her, um einen roman schreiben zu können, in einem schrebergarten, allein, auch winters, Sie haben mir gesagt, Ihre Familie, die wohnung, war gerademal 900 meter entfernt, aber Sie fühlten sich vollkommen fern. Sie hatten die droge verwahrt, lange zeit nicht angerührt und auch nicht an sie gedacht, und als Sie gegen abend Ihr zuhause verliessen, immer mit dem … bedürfnis, schreiben zu wollen, und es nicht funktionierte, haben Sie das Zeug eingepackt im rucksack, mit einigen bieren. Sie sagten mir, dass bereits bei der ersten einnahme Sie derart zu schreiben begannen, wie es immer Ihr … sehnlichster wunsch gewesen ist. aber, sagt der therapeut, Ihr schreiben hat niemanden erreicht, Sie haben die texte liegenlassen, nicht versendet, und, wie Sie sagten, dennoch im gefühl, es der welt mitgeteilt zu haben. ja, so ist es, sage ich. er trinkt jetzt seinen tee, und ich beobachte ihn. ich sage: sobald ich richtig … schreibe, kommt ein seltsames gefühl, dass es keine rolle spielt, ob es gelesen wird. wenn ich so das schreiben beende, bin ich glücklich. weil die droge die weltumarmung ist, sagt der therapeut, und Sie, solange es wirkt, keine welt brauchen. das kann sein, sage ich, aber am andren tag, nüchtern, lesend, was ich geschrieben habe, fühle ich mich umarmt, wenn auch nicht lange, aber umarmt.

 

 

 

der therapeut fragt

wie haben Sie es sich vorgestellt, dass der adler, während sie im feld liegen, müde, unbewehrt, und, wie Sie sagen, einfach so, im tageslauf dort eingefunden, ohne plan, ziel, wunsch, ohne irgendeine idee, mit diesem tag etwas anzufangen, dass sie strauchelten, hinfielen, wie Sie sagten, einfach so, weil es geschah, ohne angst und ohne irgendetwas vorwegzunehmen, was geschehen könnte: dass der adler, den Sie fern sahen, Sie verorten würde, seinen eigentlichen flug ändern, Sie erkennen, herunterfliegen, um sich hackend dem herzen zu nähern, Ihrem herzen, es herauszuziehen, wegfliegend, im flug die verzehrung beginnend, denn hunger ist überall. ja, sagte ich, es ist das hungrigsein, das sein, das untrennbar mit hunger verbunden ist. wie haben Sie sich gefühlt? ich habe mich gut gefühlt, leicht und frei und sah zu, wie das herz herausgeholt wurde, es war gar nicht schlimm, ich spürte eine neue luft in mir, ein leichteres, und ich sah dem adler nach, entspannt und mit einem zärtlichen trost, der mir unendlich wohltat.

ein gedicht

unter so vielen anderen, die weltläufig geschrieben worden sind, hatte ich finden und zufügen wollen, damals, als junger mann, nachdem ich das antiquariat verließ, im regenrinnstein wie kindisch mir das gehen vornehmend, einen fuß oberhalb, der andere im wasser, der linke schuh durchnässt, viel zu langsam, um den bus rechtzeitig zu erreichen, um dann die vielen kilometer ins dorf zu gehen, und als gehhilfe, diese elend lange strecke ungelenk zu gehen, ich mir dichten zuhilfe holen wollte, ein gedicht schaffen, das mich weiter trägt und an der tür des zuhause vollkommen endet. ankommen mit sich glücklich fügenden sätzen, wovon auch immer.

dies hier schrieb ich im kalten impuls, ein gedicht zu verfertigen. ich benote als ehemaliger aushilfslehrer: weder ein gedicht, noch erwähnenswerter inhalt, kaum substanz, nur der schale impuls, schreiben zu wollen, obwohl man von vornherein weiß, dass nichts von belang gelingen wird. leider weiß ich von den ungereimten stolpernden sätzen, die ich des wegs, damals, zusammenklaubte, nichts mehr. als ich das zuhause erreichte, fuhr vater mit einem taxi vor und krabbelte an die tür und schellte an der türglocke, weil er den schlüssel nicht benutzen konnte. ich wartete, bis mama ihn einliess und rauchte einige zigaretten, bis stille war im haus und schlich mich hinein. im bett suchte ich einige wegstrecken zusammen, die ich gegangen war und fand satzfetzen meiner dichtungsanstrengung, verschränkte sentenzen, klänge etc., und vielleicht halfen sie mir, recht bald in schlaf zu kommen. auch wenn ich heute, fast allein, mir schlaf suche, ist es ein probates mittel, wörter, klänge, satzfetzen des schreibtags vorüberziehen zu lassen, und sie wiegen mich ein wenig ins wegdriften.

marilu zur weihnachtszeit

man schlage nach in den notaten. vater sagte, ich habe gewusst, sagte er, dass du mit dem rauchen früh anfangen würdest, und dann driftete er weg, tränen liefen herunter an seinem unrasierten gesicht. später, in der ernüchterungsphase, machte er sich auf am heiligen abend, um im anderen dorf, wo er glaubte, nicht erkenntlich zu sein, sich ganz und gar wegzutrinken, während wir jungs, noch ziemlich klein, mit geschenken umarmend in betten liegen und glauben, dass das christkind uns schlafen lässt, auch gegen drei in der frühe, wenn es poltert und erbricht und laute stimmen kommen und kirmesmusik aus blechernem radio und wir nicht wachwerden wollen und uns die geschenke wieder ins bett holen und an ihnen riechen, um uns zu betäuben.
beim ersten mal, als marilu aus der klinik entlassen worden war, sommers, und ihre synapsen noch nicht vollends durch neuroleptika ummantelt waren, war sie in der lage, auf annähernd wirkliche wirklichkeiten nahezu verstehbar … verständlich zu reagieren. was uns in diesem einzigen augenblick verband, war das sich wegtrinken unserer väter. der unterschied, marilus vater betrank sich im angesicht der kinder, meist zu feierstunden, immer in obacht, irgendwelche formen zu wahren und dennoch zum schluss das grausige umfallen zu zeigen, das schnorcheln, erbrechen, einen seltsamen singsang würgend, zum teuren schreibtisch sich hangelnd und gott anzurufen, der doch in die welt gekommen sei, um uns zu erlösen.
als mir marilu das erzählte, weinte sie kurze zeit darauf, leise, kein schluchzen, tränen liefen wie teilnahmslos herunter und sie hakte sich bei mir ein. marilu hat, soweit ich erinnere … fürderhin nie mehr tränen verloren. die neuroleptika liessen es wohl nicht mehr zu, sie wurden stetig höher dosiert.

das christkind uns schlafen lässt, auch gegen drei in der frühe, wenn es poltert und erbricht und laute stimmen kommen und kirmesmusik aus blechernem radio und wir nicht wachwerden wollen und uns die geschenke wieder ins bett holen und an ihnen riechen, um uns zu betäuben.

das ist ein taugliches konzept für taugliches komponieren im alter, wenn es stiller wird.

der frost meines herzens

ist der titel einer meiner imaginären filme, deren story ich nicht ausführe, sondern nur den sogen. soundtrack … nicht komponiere, sondern beispielsweise an der orgel der freikirchlichen kirche, allein, für ungefähr eine stunde erlaubt, ich diesem, nun: kitschig klingenden titel mit tönen eine story zu geben versuche, die einerseits dem titel gerecht werden und andernteils einem möglichen kitsch entgegenlaufen. das ist sehr aufregend für mich, denn der sogen. kitsch ist auch in mir, und manchertags könnte ich mich zu mir flüstern hören, es wäre frost in mir, das mir, das wir nahe dem herzen so gerne verorten.

nun, diese zeilen sind fast echt, flossen die buchstaben doch fast unkontrolliert, wenn auch mit kleiner lenkung. wir schreiber. ich mag solche texte, obwohl ich sie eigentlich nicht freigeben möchte, denn sie sind teilweise ungelenk und schlingern aus dem rhtytmus, den rhytmus guter sprache, den/die ich so sehr mag.

nun, was passiert weiter an dieser orgel, mit mir, einem aufscheinenden ichteil, den ich selten zulasse. wie improvisieren, wenn sich scheinbar widerstreitende ichanteile auftun, welche finger an mir suchen welche töne und welche meiner finger biegen um und verwerfen die den anschlag begehrenden tasten. wer kann mir folgen?

eines tags im gottesdienst in einer anderen kirche liess ich elektronisch eine derart erzeugte filmmusik abspielen, wobei die sogen. gemeinde glaubte, ich spielte in jetztzeit die orgel. zu herzen gerührt, das hat mir hernach niemand gesagt, wiewohl solche bekundung mir oft entgegengebracht wird. nein, es war keiner ergriffen oder hat etwas geweint. beim nachträglichen kaffee in der gemeindestube gab es den einen oder anderen der gottesdienstbesucher, die sagten, es wäre schön, mich wiederzusehen und ob es meiner frau gut ginge, und ob der fuchs wiedergekommen wäre, um meine hühnchen zu rauben.

später, nachmittags, als ich das gehege noch mehr sicherte, hörte ich teile des orgelstücks, das ich elektronisch zum besten gegeben hatte, und ich werkelte am zaun des geheges mit einer schönen sicherheit, das richtige für meine tiere zu tun. es war ein wenig kalt und windig, ich fühlte mich gut, so gut, als würde in nächster zeit nichts schlimmes passieren können. mit mir, meinen tieren, dem haus, mit meiner frau.

ich bin glücklich, diesen text geschrieben zu haben. der rhytmus hat sich ergeben. am ende. schließlich, zum schluss.

frost

man kann dem frost begegnen. es gab einige male, wo ich stark genug war, die begegnung so zu vollziehen, dass die frierende kälte und mein körper und mein wollen sich respektierten, das heisst, auch wenn ich wusste, dass es draussen elend kalt ist, habe ich es nicht als bedingung genommen, sondern als zustand unter anderen zuständen des aussen. und ich selbst habe mich als seiendem unter existierendem genommen, und diese anordnung war ohne konkurenz, ohne ein gegeneinandertreten, oder sich behaupten etc. es war die vollkommen undramatische anordnung für eine schreibsituation, wobei ich jede vorstellung, wie es sich ausnehmen würde, nicht nötig hatte, ich musste mich nicht wappnen, vorsehen, schutz präparieren etc.

der schreibcomputer signalisiert das ende des batteriestroms in 33 minuten. oben rechts die temperatur von minus x. ich wähle den hinteren teil des gartens, neben dem hühnerstall, den ich vor winter doch isolieren wollte. meine geliebten vögel geben keinen laut, sie sind in schlafstarre. die kälte kommt zu mir wie ein bekannter, der mich besucht, um irgendeine kleinigkeit zu besprechen, aber eigentlich, um sich im sprechen auf irgendeine weise geborgen zu fühlen, für eine halbe stunde oder zwei, wie lange auch immer der wunsch nach kontakt anhalten wird. meine kälte kommt zu mir wie ein nachbar, und sie umschleicht mein schreibgerät und kühlt es herunter. buchstaben, die ich eingeben möchte, wehren sich gegen meine kalten finger, und ich habe keine idee, was zu schreiben notwendig wäre. gerne würde ich der zunehmenden kälte überlassen, was notwendig zu schreiben ist. ich beginne sätze und sehe, dass mein fehlerhaftes tippen keinen sinn macht. nach einer stunde sind meine finger so sehr kalt und mein denken nicht möglich, dass ich das elektronische gerät an die stallwand lehne, ich stakse kaltbenommen ins haus, ich freue mich, einen seltsamen versuch unternommen zu haben.

ist es so gewesen? nein, so war es nicht. es war so, dass ich in meinem schreibzimmer bei minus drei den petroleumofen zündete, dann das fenster öffnete, mich zudeckte, um das schreibenkönnen zu ermöglichen, ermöglichen, was für ein wort. ich fror nur durch zeitweilige winde, die hereinkamen und stillte sie mit alkohol. der entstandene text ist gewollt, gesucht, er ist einer der wenigen, die, wie man sagt, nicht echt sind. es ist ein unechter text, der berechtigt da sein darf, weil er als falsch, als nicht der sprache, dem gemüt, dem empfinden im nachhinein von mir bewertet worden ist. das ist – wir wir schreiber wissen es – unser täglich brot, und wir sind zumeist dann einigermassen zufrieden, wenn wir solche massnahmen nur selten einsetzen müssen, anzuwenden glauben, um weiter richtiggehend worte zu finden. was heisst, falsch schreiben, das zu benennen, als falsch zu kennzeichnen, und es stehen zu lassen. fehlgehende schreiber, um sagen zu müssen. das friert, macht kalt im schreibambiente, und es mutig, das zuzulassen.

oncertgebouw

man schlage nach in den aufzeichnungen, wo das convertgebouw erwähnt wird. der pianist, der nachschlägt auf der tastatur. nun, nachdem ich arm an geld geworden war, sommers, xx20, spielte ich für wenig geld, klimpergeld aus dem portemonnaie, eine kuriose lotterie, wusste nicht, wofür, weshalb, wohin. ich gewann den dritten preis, nein, den ersten preis, der mit einer fahrkarte ausgestattet war. übernachtung (was für ein wort) nicht inbegriffen. auch ein seltsames wort. umsonst im converrtgebouw in amsterdam, 20uhrdreissig, mit durst, ich hatte mir nichts mitgenommen ausser tabak und schnaps. vor dem gebäude leerte ich die kleine schnapsflasche und schmuggelte die bierdose. ich öffnete sie beim einlass, wo so viele menschen einlass begehrten und genug geräusche machten. ich trank schlucke während mahler, dann beethoven, und mittendrin, nach händel oder xenakis, nein, etwas von skrjabin, kleines stück, gab es eine kleine pause, wo ein sogen. moderator sich erklärte, um verständnis einzuholen. er sagte, ungefähr, meine damen und herren, der pianist hat sich ausgebeten (was für ein wort), etwas zu spielen, was im programm nicht verzeichnet ist. er, der sogen. moderator, bat um verständnis und gleichermassen geneigte aufmerksamkeit, denn, so sagte er, es mag sein, dass dieses klavierstück uns verfremdet, weder verstört, noch unangenehm weghören lässt, oder gestört im genuss der versprochenen musik an diesem abend, und er wisse keinesfalls, was es nun zu hören gäbe, denn nichts wäre angesprochen oder vorgehört. der pianist war ein sogen. newcommer in der szene, ein dünner mann mit langen, dünnen fingern, und in seinem ärmellosen shirt sah er aus wie zum gotterbarmen. nun, ich verfüge über ein visuelles gedächtnis. was ich einmal angesehen habe, entrinnt mir nicht mehr. die klänge, die ich dann hörte, sah ich als notationen und wusste, dass es von marilu war. ich habe weiters nicht achten können, wie das publikum reagiert hat. ich wollte den pianisten fragen, woher und wieso etc. ich liess ihn in ruhe, machte viel später seine adresse ausfindig. er sagte, man hätte ihm die komposition, die, wie er meinte, keine sei, zugesendet, und er habe dies, ohne übung, weil er noten sofort verinnerlichen kann, also sofort auswendig, vorzuführen wollen, um, wie er sagte, in jedem ton eine befremdung zu erleben, die er sonst, als pianist, nicht erlebt. es ist marilus komposition aus xx19, eher aus dem jahr zuvor, als ich in bernhards müll papiere herauskramte um zu wissen, wie es um ihn bestellt ist, ob er lebt.

marilu vs. selma

marilu hatte ich nicht lieb. ich wollte mit ihr eins sein, ohne sexualität. selma ist marilu minus schizophrenie und plus leben in einer welt, die man bessern kann, könnte. selma war meine schülerin. marilu meine schwarze gegenspielerin, nicht beeinflussbar, hart, sich selbst auf grenzen werfend um zu erleben, was nicht ging, was dann geschehen würde. wirklichkeiten kollabieren, marilu suchte im zerstreben ihren ureigenen halt, und fand ihn nicht. selma schreibt, forscht, will ins kleinste der bedingungen, und sie weiss, dass sie keine jahre hat, um zu finden, wonach sie sucht. ich glaube, das ist mein verdienst, das heisst, strafen von ihr abgewendet zu haben. darum besuche ich sie nicht. ich belasse sie, störe sie nicht in ihrer richtung, recherchiere nicht ihr geographisches zuhause, wehre den impuls, ihre arbeiten zu lesen ab, ich lasse sie und verlasse sie, wo immer sie sein mag. eine schülerin.

ich habe selma lieb

selma ist nicht schön. sie ist nicht imstande, die wenigen schönheiten ihrer physiognomie herauszustellen und es ist ihr egal, weil sie nicht weiss, nicht erfahren hat, wie frauen mit mehr oder weniger attraktivitäten umzugehen haben. sie empfindet sich nicht als hässlich. sie nimmt ihre gebogene nase als nase im spiegel der morgentoilette. sich spricht dabei nicht zu sich. weil sie sich säubert und nicht zurechtmacht. es gab eine zeit, in der sie mit lidschatten etc. hantierte, einfach so, vieleicht, weil eine schulkameradin sie des morgens lidschattengeschwärzt um eine zigarette bat. selma raucht, bis heute, als privatdozentin für neuropsychologie in heidelberg. ich habe … ich liebe diese unverstelltheit, das so sein so sein lassen zu können, um frei zu fragen, daraus schlüsse zu ziehen und versuchen, annähernd entsprechendes zu tun. sogen. schönheit und sogenanntes schönseinwollen und müssen spielen hier keine rolle. und wenn sich selma, damals, seinerzeit, angestrengt über ihr heft beugte, um mit schreiben von worten und wörtern sich einem gefühl anzunähern, und ich auf ihre gebogene nase sah, ihre unförmigen beine, ihre ungeformten haare etc., spürte ich eine sehr starke, liebevolle, umarmende zuneigung. das kenne ich nur in momenten, wenn mein hund, vollkommen in jagd begriffen, mich dennoch sucht, um mit mir und sicher zu unserem zuhause zu gehen, langsam, entspannt und friedfertig zu jedem wesen, das noch begegnen könnte. ich habe selma lieb, und der vergleich mit meinem hund ist grundgütig falsch. wir schreiber.

selma ist verzweifelt

sie erzählt mir, dass sie eine fliege, die nachts hereinkam und immer wieder um ihren kopf schwirrte, dann getötet hatte. und ich wusste doch, sagt sie, (nach der deutschstunde im herbst, wo es schon winterkalt war), dass sie schutz suchte. aber es ist doch schlimm, denn es ist doch ein wesen, und ist es nicht egal, wie gross oder wie klein es ist, es hat ein herz und blut und. warum habe ich es gemacht? oh selma, sagte ich, und ich glaube, ich war so trostlos und trauernd wie sie, ich sagte, du kannst es nicht rückgängig machen, und genau das, das unbeschreibliche zurückholen und ungeschehen machen und aber diesen spalt dazwischen, es trotzdem wieder gut sein zu lassen, so, dass du wieder in ordnung kommst, selma, das sind die dinge, die wir schreibenden , die wir versuchen, durch schreiben ein weniger schuldlos zu sein, durch das schreiben erkennen, dass wir das nicht schaffen werden. und trotzdem glauben, es gäbe eine erlösung, wenn wir uns nur hinsetzten, wörter hinlegen, die, wenn einige zeit vergangen ist, uns trösten können. was aber nicht passieren wird. denn dann, später, lesen wir unsere trostlosen tröstungsversuche und finden sie gut gelungen und so wertig, dass sie gedruckt erscheinen sollten und bestenfalls mit erfolg in der welt, wobei wir dann diese erfolgswelt ohne eine fliege denken. die fliege, damals, haben wir vergessen. also schreib auf, selma, und eines tages, auch wenn sich kein gefühl mehr einstellt, liest du vom töten deiner kleinen fliege im schlafzimmer und du wünschtest, du könntest trauern, aber nichts an gefühl stellt sich ein. aber, selma, du hast wenigstens eine spur, diese kleine kreatur nicht ganz vergessen zu haben. das ist schreiben, das kann literatur machen, manchmal kann sie unwiederbringliches näher zu bringen suchen, suchen, auch, wenn es dich nicht davor schützt, einer anderen kreatur, irgendjemandem unwiederbringlich zu schaden.

selma antwortet: nein, ich hätte es nicht tun dürfen. ich habe es nur getan, weil ich gestört wurde. aber warum ist gestörtwerden eigentlich so stark, dass man tut, was man eigentlich nicht tun möchte?

gerbrand bakker

seine fehlversuche, mit sich zu sich ins reine zu kommen und er es weiss, dass er schreibend dem sich zwar annähern kann, aber, wie wir schreiber alle, es nicht erreichen und dennoch nicht aufhören, zu suchen, zu versuchen, zu schreiben, als würden wir uns mit buchstaben fähig machen können, es zu erreichen, nicht zu sein scheinen, sondern sein und genauso buchstabengetreu. gerbrand bakker „gewidmet“, im zusammenhang mit seinem buch, jasper und sein knecht.

gerbrand aber entblößt sich nicht, macht privates nicht privat, sondern transformiert in die nähe, in sein nahsein ohne peinlichkeit, die ist, wenn man sich preisgibt, um offen zu sein scheinen. gerbrand öffnet eine schranktür, worin er kauert, und das schwache licht gibt einen kleinen blick auf ein ringen mit sich und dem verorten in welt, die anders ist, als alle welten von jedem.

mit sich selbst im reinen

was für eine aufgabe. mit sich selbst im einklang sein. eine oktave scheint nur mit sich selbst im reinen zu sein, sie klingt rein, ist es aber nicht. weil elf tonschritte sie sich von sich entfernt haben. bei sich zu sein ist unmöglich, auch wenn es momente gibt, wo man sich gleichklingend fühlt und man vergisst die spanne der elf schritte und meint zu fühlen, bei sich zu sein, weil jedentags die schritte zu sich selbst viel weiter sind und zu ertragen sind. ich werde niemals mit mir im reinen klang meines daseins sein, das weiss ich und würde mich trösten, dass es allen so geht, würde es mich nicht trösten. ich schlage die oktave an und spüre, dass ich es richtig beschrieben habe.

autofiktion

nachdem ich gehört hatte, in unterschiedenen medien, autofiktion sein en vogue, modern, zeitgemäss, und ich seit so vielen jahren nicht anders kann, als das verschränken von sogen. wirklichkeit mit meinem kleinen empfinden vorzunehmen, wie eine chirurgische arbeit, ließ ich mich hinreissen, vereinnahmen … sogen. autofiktionales schreiben meiner liebsten schülerin als setting vorzugeben. selma ist die einzige, die eine dichtung, verwandlung um sich herum und unter den argusaugen der wirklichkeit (zu verschränken) versteht, obwohl sie zunächst fragte, ob sie das, was sie zuhause erlebt, nicht wirklich beschreiben sondern in eine geschichte führen soll, wo man sie zwar noch erkennt, aber nicht mit sicherheit sagen könnte, dass sie, selma, es ist. denn sie fürchtete, wenn sie erkennbar wäre, hätte sie furcht, man könnte sie verurteilen. ja, sagte ich, das ist tatsächlich möglich, dass man auch bei teilweise erfundenen befindlichkeiten etc. noch ausfindig gemacht werden kann, aber, sagte ich, ein schriftsteller, ein guter, weiss, wie er spuren zu sich selbst so gekonnt zu verwischen weiss, dass sowohl gute literatur aber auch anonymität gewahrt und produziert werden kann. selma fragte mich, ob ich garantieren könnte, dass sie nicht belangt würde, wenn sie schrieb, was ich von ihr erwartete. nein, sagte ich, ich kenne dich, und ich weiss, wie gut du mir folgst, und als erstes bleibt dieser text unter uns, und ich werde ihn mir genau anschauen, ob er dir in irgendeiner weise blösse geben könnte. selma hatte angst, dass ihr vater, dass ganz besonders ihr vater sie in diesem text erkennen und sie in irgendeiner weise strafen könnte. ausserdem, sagte ich, werde ich jede bestrafung von dir abweisen, ich werde dich in deinem schreiben beschützen, ich würde es niemals zulassen, dass du nicht schreiben kannst, wie es dir wirklich wichtig ist. und du wirst nicht vorhanden sein. vorhanden, sagte selma, was heisst das.

12 uhr mittags

ist der showdown, das duell von hinunterschlucken oder ersticken. rekurration: der film gleichen titels, nachschlagen bitte, nicht hier, sondern in der filmgeschichte. dann weiterlesen.

jetzt nachschlagen in den aufzeichnungen, zu der grünen kugel, die in meinem schlund explodiert und kleine explosönchen absondert. doch heute vergesse ich die parameter einer sogen. depression, der meinigen, wiewohl keine dunkle, saugende schlucht mit anderen schluchten vergleichbar ist. gary cooper ist tot, und ich lebe immer noch, das ist nicht lustig, kein schales witzerzeugen. ich krame den film heraus, ich spule vor zum abspann, notiere mir den namen des filmkomponisten, ich schlage nach in den informationsquellen, wie sein leben beschrieben wird, und dann suche ich in der sogen. vita nach gemeinsamkeiten zu mir, und ich finde diese übereinstimmungen:

Sowohl Zinnemann als auch sein Kameramann Floyd Crosby wären bei den Dreharbeiten beinahe ums Leben gekommen. Bei der Einstellung, die den Zug bei der Anfahrt zeigt, liegen beide mit der Kamera auf den Schienen. Weiter entfernt sieht man den Zug mit weißem Rauch, dann mit schwarzem Rauch. Dieser schwarze Rauch war das Zeichen des Lokführers, dass die Bremsen versagen. Aber weder der Regisseur noch sein Kameramann kannten dieses Zeichen. Während sich die beiden im letzten Moment retten konnten, wurde die Kamera zerstört. Die Aufnahmen jedoch blieben unversehrt und sind im Film zu sehen.

dimitri tiomkin ist der komponist. high noon. sag mir wo die blumen sind.

die welt zum weinen bringen

als ich (als) organist, der auf dem klavier die gemeinde zum singen ermutigt, mein im vorhinein komponiertes nachspiel zum besten gab – ich komponiere nicht: fingerfügungen, planlos, schenken mir klänge und melodien, die zu herzen gehen können – so dass beim finden solcher musik ich selbst ergriffen bin und ich eine solche komposition unablässig wiederhole, bis traurigkeit wie balsam meine seele umgibt … als ich dann so spielte, am ende des gottesdienstes, und ich annähernd bei mir war, wie im moment, als als ich diese musik fand, absatz. annähernd.

dann war der dienst zuende. und eine frau rief mich mit namen und sagte, ich habe, ich hätte sie zum weinen gebracht. ich sagte, ich würde nur dann so komponieren können, wenn ich mich trösten will, wofür und

wovon und weswegen, ich weiss es nicht. absatz.

ich komponiere nur wegen trost. manchmal gehe ich zum klavier, und nichts stellt sich ein; es ist falsch. weil ich weder traurig bin oder untröstlich. manches mal gehe ich zum klavier, und weiss nicht, warum. ich bin unvorbereitet. ich spüre nichts in mir, aber meine finger führen mich, und dann in eine art bodenlosigeit und dem bemühen, das sofort mit zufallenden klängen trösten zu können. das sind glückliche momente, die ich transportiere in die kirchengemeinde der glaubenden, und sie, die glauben glaubenden, vergessen den gottesdienst, die predigt, das heruntergebetethabende und hören meine klänge und finden sich geborgen, fern von religionsübungen und mit vorfreude auf ein schönes mittagessen. wenn ich dann hinausgehe aus dem gebäude, fühle ich eine stärke, ein bild: das hemd, das in früheren zeiten mit stärke behandelt wurde, um gut, schön, genau, passend, gepflegt, auf sich achtend etc. dem träger etwas zu geben, das situiert erscheinen lässt; der äusseren situation, der zu begutachtenden befindlichkeit. aber ich gehe anders hinaus. es gibt den kleinen moment, wo ich das gestärkte hemd ausziehe und ich mich dennoch heimisch und mit mir in der welt spüre.

nur kurz, einige meter auf dem weg zum automobil, in das ich hastig einsteige, darinnen tief ausatme und auf der langen fahrt nachhause mir immer wieder die stellen vorspiele, wo ich falsch war, nicht bei mir wie zur zeit, als ich in meinem zimmer diese art komposition vorgefunden hatte. ich schäme mich, ich möchte es unerlebt haben. wenn ich zuhause bin, fällt dieses gefühl langsam von mir ab, spätestens dann, wenn ich mich gerne an den mittagstisch setze mit dem essen, das meine frau vorbereitet hat.

nicht_1

als ich studierte, studierte ich nicht. als ich heiratete, heiratete ich nicht. als ich vater war, hatte ich keine kinder. als ich starb, war ich nicht da.

nun, das sollte in gedichtform geformt werden. aber lassen wir das. es gibt noch ein anderes ende. als ich starb, hat man mich nicht gesehen.

jemand, der mich von früher … früher mich mit namen bezeichnen

zu glauben meinte, suchte – man nennt soetwas einen schulfreund – suchte auf dem alten und neu restaurierten schulhof nach meiner leiche. manche, freilich, sagten, redeten, sprachen darüber, ich sei am leben, und es wäre sinnlos, mit nachforschungen ein ergebnis zu bekommen. absatz.

manche freilich müssen drunten sterben,
wo die schweren ruder der schiffe streifen,
andre wohnen bei dem steuer droben,
kennen vogelflug und die länder der sterne.

von von hoffmansthal

manche, freilich … man schlage nach in den aufzeichnungen. ich habe diesen wortklang, wörterklänge schon oft benutzt. manche, freilich … sie sind der rest. einige wenige von so vielen, die meinen zu wissen, wo es hingeht. manche, die wenigen, wissen, nein, sie spüren, dass es nirgendwohin geht, weder im jetzt noch im später. sie finden sich ein im gefangensein, brauchen keinen trost, ein bild: ein leben im ende. ein leben im ende. von beginn an: warum sich bewegen, warum so tun, als ob. als ob man in sich etwas bewegen könnte, um. es gibt kein um. die bewegungslosigkeit ist eine wahrheit, weil niemand, der sich scheinbar bewegt, seinem ende dadurch nicht entkommen kann. der erfolg, das gelebte ach so besungene gelebte leben wird nichts ausrichten können, ganz gleich, wie sattmachend man es gestaltet zu haben dachte. manche, die freilichen, wissen, dass es kein sattmachen geben kann, es ist egal, ob man viel erlebt hat oder weniger oder auch nichts. das drunten ist weniger schmerzhaft als das droben, es ist alles ein schmerz, der sich nicht tilgen lässt. wir schreiber haben damit zu tun, mehr oder weniger leidend, aber immer, wenn wir wirkliche schreiber sind und sein müssen, leiden wir, es nicht derart benennen zu können, die fehlenden wörter, die es nicht gibt, um alle zu erreichen, leser und nichtleser und alle, die vorübergehen.

kreativlaube, ohne ich

gustav mahler komponierte in einer laube in seinem garten, er blieb oftmals allein, annähernd ungestört, doch er wehrte kinder-und fraubesuch nicht kategorisch ab, wie ein thomas mann, der, kategorisch alleinheit simulierend und erst dann, wenn anzug, krawatte etc. angegossen wirkten, sich zum schreibvorgang niederliess. er musste sich gefallen, mögen, vergewissern und die scham darüber im schreibraum verbergen. wenn es heisst, er, mann, schrieb von acht bis zwölf, so verbrachte thomas mann eine gute stunde, um sich in einem setting aus stil und freisein von kind, frau und den anhaftenden rollen, störenden, falschen zuneigungen dem schreibritual hinzugeben. um 9.30 gelingt ihm der einstieg in den sogen. flow, die dritte zigarre wird gezündet. das gedämpfte und sich entfernende kinderlauten wird von seiner frau und oder einer kinderfrau weiter weg gezogen, und gegen zehn am morgen ist alles so, wie es ein schreibender braucht, ruhig, in verlogener einsamkeit, autonomer führer sich fügender buchstaben, worte, wörter, satzzeichen, zusammenhänge, mitteilungen aus dem off. nun, thomas mann wusste um sein setting, und so war er kein glücklicher beim schreiben, er flüchtete, er flüchtete sich, und seine erarbeitungen, texte etc. haben ihn nicht wirksam getröstet, haben ihm keine basis geschaffen, haus, hof und kind und frau zu verlassen, aus dem schreibzimmer zu gehen, sagen, dass alles falsch gewesen ist, und ob jemals das richtige leben sein wird, ist vollkommen ungewiss. nun, wir schreiber sind nicht vollkommen anders als thomas m., die settings variieren ein wenig, wenig, zuweilen.

in pacific palisades greift er sich an die brust, wo das herz schlägt, er hätte aufmerken müssen, dass es in seinem setting nicht mehr sehr lange zugeht, wie jahrelang ritualisiert. er ignoriert und schreibt seinen letzten grossen text als letzte abwehr von all dem, was abzuwehren gewesen war.

wir schreiber sind nicht anders. unsere schreibstunden kürzen unsere einlässe. wir sind in unseren stuben, gartenhäusern, cafes, stipendien, verlagsfinanzen etc. wir sind nachgefragt und leben nachgefragt bis zum schluss, mit und ohne erfolg.

physik, neuronen und das wissen

phase eins: das fallen. zwei: ein kleines kind in einem garten, abgesondert von allem, was sprechen kann, findet alles, was es sich erfindet, in diesem garten vor. drei: im haus der eltern reden einige und geben sich gewandt, dass sie wissen, wovon sie sprechen.

im märz xx12 legte ich diese kompositionsmassgabe meinem kompositionslehrer an der yhochschule vor, es war die zeit, in der zeitgen. komponieren keiner massgabe unterworfen wurde, und er liess mich machen, obwohl er sich ablehnend zeigte. er komponierte mithilfe zufälliger blicke ins weltall, spontan eingefasste sterngruppen, die er sorgsam von sogen. sternbildern sondierte. als ich sah, wie sehr er seine vorgehensweise zur musikerstellung mochte, vielleicht liebte, hatte ich, sehr kurz, ein zärtliches gefühl für ihn und versuchte, diesen klängen, die in nichts anders klangen als die sogen. zeitgem. klänge, mit gleichem gefühl in mich aufzunehmen. ich gab mir mühe, und er erriet meine zuneigung und versuchte, seinen stolz und seine erregung, dass jemand seine komposition mochte, zu verbergen. das war eine der wichtigsten stunden an der akademie für mich. ich habe während meiner sogen. studiererei nichts von belang komponiert. in fernen zeiten suche ich manchmal in der unordnung meiner kreativlaube nach skizzen zu meiner alten anordnung, jener massgabe, die oben beschrieben ist. ich finde nichts. aber manchmal lese ich diese alte kompositionsidee, drifte etwas weg, brauche keinen alkohol und lese meine kompos. anordnung wieder und nochmals. aber die erfüllung, wie es klänge, stellt sich nicht ein.

im totenhäuschen_drei

selma sagt, Sie, der lehrer, haben gesagt, es gibt keine furcht und keine angst darinnen. das ist wahr, und es gibt keine trauer. meine trauer, mein schmerz ist früher gewesen, ich habe im häuschen weinen müssen, aber ich habe geweint, als ob ich mir beim weinen zugesehen habe, ich habe mich gesehen, wie ich weinte, aber mein herz war woanders, nicht bei xx, bei xc, bei etc., ich war in den bildern, als wir noch alle zusammen lebten, die schönheit eines moments der traurigkeit, weil man weiss, dass es ein augenblick ist und sonst nichts. eigentlich waren die tränen für diesen augenblick, vor soundsovielen jahren, als wir zusammen waren und ich das weinen … als das weinen sich verborgen hat, aufsparend für den tag, wenn trauer angemessen erscheint.

natürlich hat selma dieserart nicht geredet, nicht geschrieben. ich habe einige ihrer texte und gespräche transformiert, aber der gehalt ist der gleiche. ich bitte um nachsicht, wenn meine transformierende sprache derart, wie selma sich verständigte, von ihrem wesen wegführt umd sie so, fehlgehend, darstellt. selma hat jahre später physik und neurowissenschaften studiert, wie man so sagt. auf einem spaziergang in meiner verhassten stadt sind wir uns begegnet, und wir haben getan, als würden wir uns nicht kennen.

bernhard schreibt aus aus amerika_drei

habe mir zur gewohnheit gemacht, das einschlafen zu canceln. wenn es kommt, verwische ich den impuls und bin wieder so wach, wie am morgen. ich möchte mich nicht länger fallenlassen in ein abstruses geborgen, das mir fremd ist. ich will nur noch auf der hut sein, nicht behütet, sondern ganz allein mit allem, was alleinsein ist. ich komme nicht in diesen moment, alleiniges dasein, als wäre nichts da, kein getier, kein himmel und ein ich, das sich nicht auskennt, weil es nichts zu kennen, zu erfahrenhaben gibt. ich möchte auf der hut bleiben, diesen moment dingfest zu machen, und ich gebe es jetzt schon auf, ich mache ein zeichen in diese notiz, dass dieser versuch zuende ist.

selma sagt, ich gehe nicht mehr unbehütet ins bett

das wort unbehütet muss selma irgenwie irgendwo aufgeschnappt haben und intuitiv … verstanden, sich vereinnahmt, wobei hüte in ihrer sogen. kultur nicht vorkommen. aufgeschnappt, was für ein seltsames wort unter allen seltsamen wörtern. selma, armenien, in osterrode geboren, elf jahre alt, mutter im kopftuch, man hat sie belassen, als sie im die siebte klasse kam. die schwarzen haare hochgesteckt, modern, modemässig und wenig bewusst, was wirkt, was als attraktiv bezeichnet ist. sie hat dieses aufsatzthema frei gewählt. ich frage sie nicht, was sie unter unbehütet versteht, und eine woche später, wenn ich die aufsätze korrigiert zurückgebe, ohne benotungen, schreibe ich einige wörter, die aus dem gewohnten herausfallen, an die digitale tafel. unbehütet, warum hast du, du bist, du bist nicht, du sollst, wir lieben dich, du machst uns lächerlich, das geht nicht, du gehörst zu uns und sonst zu niemandem etc., schrieb ich groß auf den screen. die schulglocke beendete. fast alle blieben noch eine weile, wie schön, sagte ich, wie ruhig ihr seid, wir werden weitermachen, wo wir stehengeblieben sind

in einem jahr mit 13 monden

wird meine handhaut zur fischhaut. unstraff und kräuselig wie bei einem jungen grottenolm, einem jungen grottenolm, der, auf den filetiertisch gelegt, alt schaut, wie am ende, und jung an tagen, aber bald tot, wenn sezierende studierende ihr objekt benötigen, um feststellungen treffen zu können, um welt und zusammenhang und, manche, zusammensein zu definieren, durch experiment zu erleben suchen. schreibschüler, auch in gehobenen anstalten, sehen sich des öfteren mit dieserart massgabe konfrontiert und einige herausgefordert. fast alle verstehen nichts und schreiben des schreibens wegen. ich erinnere mich so gerne an meine kleinen deutschschüler, egal, ob sogen. minderbemittelt oder aus bildungsstarken haushalten. wenn ich sog. verschränkte aufgaben stellte, waren alle gleichermaßen irritiert, und fast simultan inspiriert, auch, weil ich keine ergebnisse forderte. ihr müsst nichts schreiben, oder, sagte ich, ihr müsst nichts tun … was heisst das überhaupt: sagte ich, etwas tun. ich erinnere mich an selma, die klagte, dass sie manchmal und vielleicht zu oft geschimpft bekäme, nichts getan zu haben oder nichts zu tun, um. wegen. weil. damit. für. nun, mein trick ist, aufzufordern, nichts tun, nichts schreiben zu müssen, aber wenn die lust kommt oder auch ein schaler, kleiner impuls, die lustlosigkeit mit worten … einzufangen, einzugrenzen, nun, dann könnte man, sagte ich, dem nachgeben und worten, wörtern, die sich darob einstellen, gestalt geben, aber immer mit obacht, ob diese wörter das treffen, was ihr bei jeder buchstabenfügung spürt. wenn ihr spürt, dass das schreiben euer gefühl zerstört, hört auf, oder schreit, in den klassenraum hinein.

john cage

es gibt eine komposition von ihm, die keine ist, wie so viele von ihm. irgendein holz (irgendein) (holz). aufgeschnitten, zersägt, strukturen freigebend, maserungen, astlöcher, unebenheiten, jenseits der geradlinigkeit, gewachsen ohne zufall, sondern dem eigenen werden folgend. nun, cage nannte es das zufällige … komponieren, indem er dünnes papier über das holz legte, mit kohlestift schraffierte, linien zog und die erhebungen aus dem holz ins papier als notationen wertete. nun, eigentlich keine zufallsmusik daraus, weil holz, weil baum nicht zufällig wächst, sondern seinem wesen nahezukommen geht, jahr für jahr, in jedem moment. mag sein, dass marilu gerne dieses werden und unmöglich erreichende des baumwachstums mit ihren notationen… sagen, hervorbringen wollte, musste, gezwungen, jenseits jeder sogen. freien entscheidung. im unterschied zu cage gibt es den kleinen grad, der das zufällige mindert. es ist eine kolossale anstrengung. ich war nicht dabei, wenn sie ihre noten schrieb, ich stelle mir vor, mit welcher unsäglichen kraft und mühe sie notiert haben muss, weil sie in jedem moment des notierens spürte, dass sie zwar nahe, aber nicht vollkommen nah, dort, dem ort, der zeit, in kleiner entfernung doch noch fernbleiben muss. anders gesagt, sich selbst in kleiner… kleinster zeit sich beizukommen (beizukommen). das sind die musik. takte, die nicht in einen takt zu zwingen sind, und diese frei zu spielen, wie cage es angeordnet hat, ist nicht möglich. es war vielleicht marilus und immer aggressiver versuch, sich dem ich, dem sich als normgebend darstellenden ich so zu nähern, dass sie beides leben kann. im spalt, geborgen im dazwischen, in dem gefühl, dabei zu sein und ganz woanders in dem, was als welt erscheint, dazusein glauben macht.

nun, meine vier hühnchen schlafen (man schlage nach), und der aufkommende sturm wird ihre obdacht zerreissen, sie werden in sturm und nässe unter blätterfallenden, kaum noch schützenden zweigen vergeblich zuflucht suchen, aber das ist nicht vergeblich, sonden der moment. sich schützend zu wähnen, wo wirklicher schutz nicht möglich ist.

marlius kompositionen als notation_zwei

hier gibt es nichts zu performen, es ist ein notat für klänge ohne klang. 29.01.01. ist zweimal geschrieben, das m, durchgestrichen, dreimal, unten wie eine signatur. sehr seltsam das kreuzvorzeichen mit folgender schlangenlinie zu einem b vorzeichen, dahinter zwei kreuzzeichen, musiktechnisch gesagt, erhöhung, dann ein längerer weg zu erniedrigung, dann zwei mal erhöhung. das dreieck erscheint ein mal, oben, nicht weniger wichtig, oder? nun, moderne komponisten mögen derart fixieren und die performance dem spieler überlassen. ich glaube, hier wird nichts überlassen, ich habe zu keiner zeit diese notation z.b. auf einem klavier darzustellen versucht, denn hier ist ein text, der mit musikalischen parametern jenseits von musik mitteilung macht. der weg, sogen. schizophrenie zu verstehen, ist so lang, so weit. gäbe es einen grabstein zu ihr, müsste diese notation eingraviert sein, für jedes unverstehen jeder zeit, so, wie es eben ist.

marilus kompositionen als notation_eins

marilu notierte immer zwei systeme untereinander, immer mit dem gleichen schlüssel, hier der violinschlüssel. es gibt keine tempoangaben, keine instrumentnennungen. das durchgestrichene m kann als vorschlag gedeutet werden. wenn man das notat als einen takt sieht, geht jedes zeitmass verloren, das heisst, drei ganze und zwei sechzehntel auf fünf viertel zu spielen, ohne einfassungen in triolen, quintolen etc. , und dennoch die konstruktion zeitgleich zu schliessen, erscheint unmöglich. nun, nicht jeder kann mit musik. notaten etwas anfangen, und so versuche ich ein bild hierfür; während ich den weg ins tal gehe, wird herbst zu winter, vögel in soeben noch braungedeckten blättern umfliegen gefrostete äste. ein fehlgehendes bild, nicht wahr? vielleicht nützt zum verständnis und besser georg trakls verfallgedicht, wo das sommerende in den kahlen herbst einbricht, jedoch zeitlich ultrakurz verschoben. bei marilus notat ist es die gleichzeigkeit, es gibt keine zeit dazwischen, es ist das jetzt verschiedener zustände in einem begrenzten raum, der sich nicht begrenzen lassen kann. jeder versuch, diese partitur zu spielen, führte dazu, dass marilu sich unbändig wehrte, als wäre sie in der psychiatrie und rennte gegen die panzerglasgesicherte eingangstür. ich hatte große mühe, sie zu ruhe zu bringen, und meist grunzte sie wie schweine tun.

dann kommt ein schmerz_zwei

man schlage nach in meinen aufzeichnungen. er bleibt: er bleibt. kein hexaphormidol, kein pflaster, nichts lindert, nichts nimmt ihn weg, über stunden, tage, wochen, monate, jahrein, jahraus, immerdar, keine gewöhnung an ihn, so, als ob er gerade erst entstanden wäre. keine regung hilft, nichts. im alkohol schiebe ich ihn von mir weg, und er schwingt zurück wie an einem gummiseil gehalten, gezogen. aber ich schreibe. die wenigen zeitstücke, wo er sich scheinbar und sich kurz gebend entfernte, waren marilus seltsame kompositionsnotizen, die ich, ohne absolutes gehör, mir versuchte, nahe zu bringen, einigermassen als klänge zu vernehmen. man kann nachschlagen in meinen aufzeichnungen, aber ich kann es auch verkürzen, wenn ich beschreibe, ihre musikalischen notate wirkten auf mich, ultrakurz, wie eine enthauptung, im verständnis: einer willkommenen … befriedung. dem stillstand.

falsch beginnen_zwei

obwohl man richtig spürt, setzt man als schreiber, wohlgeübt und eigentlich sicher, die wörter, die es nicht treffen. man verzeiht sich den lapsus mit hoffnung, das eigentlich zu schreibende stelle sich ein, zumindest gegen zwölf am vormittag, nach den stunden im schreibmodus, der es gewohnt ist, die regie zu übernehmen und den flow zu erzeugen. wir alle wissen, dass das schreiben, ein bild, ungefähr so ist, als würde man den kot von spatzen in einem gehege mit einem rechen zu entfernen suchen, und das, was zwangsläufig übrig bleibt, ist der nachweis des fehlgehens. anders gesagt, der zurückbleibende kot zeigt an, wieviel fehlgehen im text: ist. es gibt die methode, alles vorangeschriebene zu verwerfen und sich dem übriggebiebenen kot zu widmen. ich gebe zu, das klingt sehr seltsam. das „schreiben ums verrecken“ hat damit zu tun. das verwerfen bishin zum spüren, dass alles nichts taugt. manche schreiber, um im bild zu bleiben, kehren den restkot zusammen, sie hoffen auf einen impuls und landen sehr oft in sogen. schreibhemmung. die kunst ist, das fehlgehen zu belassen, das nichtsagende nichtsagend zu lassen, ruhen lassen, seinem schlaf vielleicht beiwohnend, ohne kalkül, dass daraus etwas entstehen könnte. die kunst … führt dann zu einem neuen schreibimpuls, der weder verspricht noch verkündet, seinem schreiber zu diensten zu sein. die königsklasse ist, diesem der wirklichkeit sehr nahe stehenden impuls sich zu widersetzen, sich aus dem schreibambiente zu entfernen im kurzen bedauern, kleinleiden, nichts geschrieben, nichts gemacht zu haben, was einen sxhriftstellertag doch so oft und so angenehm gekennzeichnet hat. was heisst, man verliert, als entscheidung, sein schriftstellerndes ich und driftet, überlässt sich in sein mehr oder weniger banales, nichtssagendes, ncihtssagenbrauchendes alltagsgeschehen. das tut weh, aber es gibt pflaster des alltags, die helfen, die nachblutung nicht länger wahrzunehmen. vielleicht hilft diese vorgehensweise, an einem anderen tag mit buchstaben der wirklichkeit, des dringlich und annähernd echt zu sagen habenden, nahe zu sein. oder auch nicht. ein schriftsteller setzt sich dem aus, es sei, verlage fordern produktion, damit es weitergeht, mit der massgabe, dass alles immer weiter geht.

der tod im totenhäuschen

in der letzen woche meiner lehrerkünste, die ich spielte, wie ein hochstapler, aber nicht in der lage, es perfekt darzustellen, und schüler, solche, die man gemeinhin als wenig fähig und fern jeder schulischen erziehung benennt, mir zurecht in meiner falschen rolle nicht folgten und lustlos taten wie in einem theaterstück, wo man nicht wirklich ist, was man spielt; einige grinsten oder spielten mit speichelgeformten papierstückchen tischfußball… war dieses tischfußballspielen für mich der impuls, die vom kollegium verordnete aufgabe zu missachten, das thema im deutschen, nietzsches wie man wird, was man ist, und meller, ein junge, dem man frühzeitig beigebracht hatte, ins kino zu gehen, damit das zuhause frei ist von kindern, intensiv mit seinem papierkügelchen beschäftigt und aber aufsehend, wie ich reagieren würde; da sagte ich, meller, wenn deine mutter gestorben ist, stell dir vor, die kapelle, der sarg, die blumen, die rederei, sie tragen es raus und die schwarzen leute gehen hinterher und du sitzt da, so wie jetzt auf deinem stühlchen, aber du gehst nicht mit, du bleibst. dann bist du allein. und du hast das gefühl, du müsstest den tod suchen, finden, den tod deiner mutter, ich möchte, sage ich, dass du an die tafel gehst, um das totsein deiner mutter zu empfinden, meller. meller malt mit kreide das haus vom nikolaus, drei falsche versuche, einige kichern, dann ist es geschafft. er kehrt in seine bank zurück. ich schreibe das wort tod in nikolaus‘ haus und nehme mir vor, in einer meiner letzten deutsxhunterrichtsstunden daraus ein thema zu machen. aber soweit kommt es nicht. ich werde nachhause beordert, meine frau kommt mit den kindern nicht zurecht, ihr geht es schlechter, dass geld, das ich hier im norden hinzuverdienen hätte können, spielt keine rolle mehr.

totsaufen

wer sich totsaufen will, muss, nicht anderes im sinn hat, sagt xx, will sich geborgen in einen sehr langen schlaf trinken … geborgen, behütet, verwahrt, geschützt, eins mit allem was draussen ist, und was man als aussen in diesem moment nicht als wirklich, als wahr … wahrnehmen will. schlafen im bauch eines schwarzen lochs, jenseits der beurteilungen ob gut, böse oder sonstweder kategrorien. das ich erlöschen, die kleine kerze, und auch ohne den wunsch, nach möglichem erwachen sie neu brennen zu haben, vielleicht doch, aber es spielt keine rolle. die rolle, der impuls, ist das wegdriften in eine wegführende geborgenheit, vielleicht ohne zeit, ohne sein, wen kümmerts. es ist egal, es ist mir scheissegal, sagt xy, lasst mich in ruhe, verpisst euch, und willi dreht sich auf dem heissen asphalt auf die andere seite, er schiebt sich die faust in den rachen, erbricht, und ruht in der hitze, bewegungslos, fast tot, gerade unerreichbbar, falsch eingeschätzt von allen, die sich entscheiden können, was zu tun und zu lassen ist, die aufrecht lebenden, kaum schwankenden, sich für pausen setzen könnenden, gelernte, sich zu generieren, um passend weiter ein leben zu tun, das als leben anerkannt wird. willi stirbt nicht, er liegt viele stunden in der hitze des asphalts, glücklichsein im vorweggenommenen nichtsein, das sich noch nicht eingestellt hatte. und am morgen ist ein neuer tag, sich wieder zu ernähren, genährt zu werden, in diesen schlaf hinein.

gitarre und das meer, besser geschrieben

ein brief an bernhard in der innentasche eines sackos, grob gereinigt, der sogen. obdachlose hat ihn sich übergezogen, ohne große anteilnahme für ein wenig stinkendes objekt, er fingert den zettel heraus und wirft ihn hin, im heissen tag, es ist vormittags und dreissig grad, und willi schiebt sich die faust in die kehle, um zu erbrechen um weiter zu saufen. später liegt er wie tot auf dem beton, und jemand kommt, stösst mit dem fuss in die seite, ob er gar aus ist, tot oder so. später, wenn willi nicht ganz tot ist und sich herumdreht, liegt der fetzen papiers fast frei, man bückt sich und später liest jemand und legt es in die schublade der verwaltung, wo schriftstücke jedweder art für mindestens sechs monate verwahrt werden. in diesem fall geht es um einen sogen. schlager, musik also, die gitarre und das meer. jemand aus der verwaltung erzählt im meeting, was er glaubt, gelesen zu haben, und es ist ein falscher rapport, siehe das vorangegangene schreiben. das schlecht geschriebene, das fehlgehende. wir schreiber. wir redende, um da zu sein, um gut da zu sein. natürlich hat diese person aus dem vorbeschriebenen text keine gitarre ufernah abgelegt und verkitscht dem wegdriften nachgesonnen. in einem schlager mag es so sein, aber dieser text, oder brief, ist kein schlager, weil es darum bestellt ist, sich von seiner einzigen möglichkeit, sich mitzuteilen, zu trennen. die gitarre ist das alleinige mittel für gemeinschaft, von dem sich getrennt wird und was nicht rückholbar ist. ohne sonnnenuntergang und melancholie. es hätte durchaus eine mitteilung von marilu sein können, aber sie ist nicht mehr da, unter uns. auch bernhard ist tot. der vollkommen trunkene obdachlose am rand des sterbens hat es auch nicht geschrieben, bernhard nicht, also niemand, den ich kenne. ich werde morgen mir den schlager gleichen titels anhören, vielleicht habe ich dann eine idee, wohin ich diesen text zuordnen könnte. in diesem text geht es um holz, um stahl, um perlmutt, um resonanzboden, um schwimmfähigkeit, um verabschieden, trennen, wie wegschneiden, amputieren und hinausschauen, was passiert, ohne gefühl, ohne trauer, ohne schmerz, ohne mitgefühl mit sich und dem, was als welt bezeichnet ist. die gitarre und das meer ist die story, sich wegzunehmen, um nur noch für eine kleine zeit da zu sein, mit dem dringenden wunsch, dies ohne fehl umd tadel zu schaffen. so, wie die unlösbare mathematikaufgabe, die unmöglich gelöst werden konnte.

die gitarre und das meer

fern von erinnerungskulturen, jemand, der glaubt, ohne musik und eher seine musik nicht leben zu können, um eines tags, winters, verfrorene schaumkronen, seiner finger nicht fähig zu schlagen, zupfen, griffe, saitendrücken, mit dem dringlichen wunsch, musik zu erzeugen, die trösten oder unendlich fühlen lässt. warum wäre zu bewerten, wenn dieser jemand sein musikalisches gerät ufernah ablegt, schaut, wie kleine wellen es zu holen versuchen, sich wünschend, grössere mögen kommen, holen, abdriften, mitnehmen und in der ferne ohne beobachtung sein zu lassen. dieser text ist schlecht.

im totenhäuschen_2

das steinerne totenhaus in quenca, spanien, ist ohne fenster. trauer findet im halbdunkel statt, kerzen etc. sind nicht, sargträger werden aus den beistehend trauernden oder dastehenden bestimmt, von dem, der den verlust seines menschen zu bieten hat. ich hatte ein glückslos eines supermarkts in madrid gewonnen, wo ort und ereignis überraschung verheissen, busfahrt inklusive und auch verköstigung. ich habe dann den sarg mitgetragen, ziemlich leicht das gewicht, in einem für diese jahreszeit ungewöhnlichen starkregen arbeiteten wir vier uns zur beerdigungsstelle, und ich ging mit geschlossenen augen, wie damals, als vater beerdigt worden war, und ich, um den schmerz zu konservieren, die augen geschlossen hielt, um das loch und das hinablassen nicht zu sehen. jemand aus der beerdigungstruppe hatte eine ukulele dabei und setzte einige akkorde im rhytmus des voranschreitens, und ich dachte während des hingehens zur stätte, ob das viele wasser dem instrument nicht schaden und seine stimmung nicht verdrehen würde zu einem seltenen mischklang. später erfahre ich, dass die nässe des regens sehr willkommen gewesen war, denn, wie es brauch ist,dass der trauernde tränen über den saiten des instruments vergiesst, er hier es nicht tun musste wegen des starken regens, und ich glaube, obwohl ich nach wie vor nicht hinschaute, dass der oder die hinterbliebene erleichtert war, dass wasser vom himmel fiel, und den sarg, die leute, das kleine instrument. nachdem ich den sarg mitangesetzt hatte, ging ich ins totenhäuschen zurück und kauerte mich in das leere halbdunkel, ich rauchte die zigarette, wartete auf den bus, liess mich zurückfahren und löste den gutschein bei einem imbiss in einem vorort von madrid. hierbei notierte ich mein gefühl, als wäre ich soeben erwacht und doch ganz da, wenige kilometer emtfernt von dieser grossen stadt. ich nahm mir ein taxi zurück, betäubte mich, wie immer, schlief ein. vielleicht gab es einen traum zu meinen vier hühnchen, wie ich sie beschrieben habe, sie waren damals, als ich sie neu hatte, immer gelaufen gekommen, wenn sie meine schritte hörten und gewartet, dass ich ihnen etwas hinüberwerfe, und ich so glücklich gewesen war im glauben, dass sie mich gerne haben.

im jahr twentyfive 2525_2

wir alle hören stimmen von überall her, wir sind mit allen und allem verbunden. wir hirne, unfähig zu selektieren, wir hören alles was alle weltweit denken, sprechen, fühlen. wir synapsenmasse. schizophrenie ist nicht möglich, jede stimme wird als regelrecht gewertet. die luft ist knapp. wir atmen stossweise, das überleben spielt keine rolle mehr. das leben sind physikalisch chemische impulse, wir gleichen uns an an den urgrund, gott genannt, der nichts anderes ist als ein chemischphysikalisches potenzial, das keine zeit kennt, keine zeit je hatte, immerdar, aus sich heraus, ohne bedingung, ohne zeugung, ohne anfang. wir sind noch nicht angekommen, wir vernetzten hirne, es dauert noch ein wenig in unseren zeitmassen, bis wir uns vollkommen angenähert haben werden an den urgrund. marilu, in ihren kompositionen, hat es vorausgeschrieben in ihren noten, notationen auf geronnenem papier, blutig, eingetrocknet. mit viel mühe werde ich die noten übertragen, zum gehör, ich bin gespannt, wie die weltweit vernetzten gehirne diese frühe ahnung der geschicke verarbeiten werden, komfrontiert mit der existenzvorausage vor so vielen jahren und jetzt eingespannt in das weltweite netz aller hirne in der ganzen welt. nun ja, dies klingt recht schizophren, es ist nur literatur, ihr lieben, und wir wiegen uns sanft im gefühl, dass wir alles haben, um glücklich sein zu fordern.

wieder mal ohne ich_3

dieses mal als falsche übung, weil nachgeahmt … nachgeahmt, wie es marilu – annähernd zum ende ihrer pubertät – praktiziert hatte, schreiben ohne das ich zu benennen. gestern und vormals, zeit vor damals: gleichbleibende eingangssätze ihrer notizen. verorten, vergewissern, da sein, wo dasein nicht zusammenzubringen ist. das fehlende ich kein literarisches mittel, nur ohnmacht, fehlende verfügung über sich, wiewohl wir so gut wie nie über uns sicher verfügen, wir verfugen unsere risse zum anschein, wir zu sein, marilu hat diese fugen, spalten, zahlreich, offen gelassen, kein kalkül, nur ohne alternative, was heisst, alles, was fern und nicht integrierbar ist, hereinlassen zu müssen bei gleichzeitiger beorderung, diese prozesse aufzuzeichnen. im tagebuch einer schizophrenen, aufgezeichnet von marguerite sechehaye, schimmert diese art erleben durch, falsch gesagt. werden mancherorts diese risse, die je nach person anders sich einstellen, zeitweilig übertragbar auf das allgemeine zerrissene, zerspaltene, die vielen spalten einer durchlässigkeit, wo kein moderates sich spüren möglich ist. zugelassen wird. von wem auch immer. ein text ohne ich, doch keine nachahmung, voller empathie mit meiner toten liebsten, die mich nicht mochte, heisst es in meinen aufzeichnungen, ihr mögen, ihr nahesein zu mir, ist vielleicht in jenen spalten, verankert, hineingezogen, abgesondert, nicht findbar, im jenseits der gefühle, die nicht zugelassen werden dürfen, zumindest bei marilu. wiewohl sich jede sogen. schizophrenie sich anders ausnimmt und nicht zu bestimmen ist.

p.s. man schlage nach in meinen aufzeichnungen über marilu.

p.s. tagebuch einer schizophrenen. marguerite sechehaye. verlag suhrkamp.

aufgabe aufgeben

seinerzeit, als xx sich vom turm stürzte, kein drama, nebenbei, ereilte mich ein telefonanruf, ob ich aushilfsweise unterrichten könnte, man wusste, wie unorthodox ich lehre … ich komme, sagte ich. deutschunterricht. was für ein wort. auf der fahrt dorthin fügten sich zwei worte, aufgabe und aufgeben, und ich wusste, was ich mit meinen geliebten schülern zu tun hatte. jeder sollte sich ein thema wählen,von dem er weiss, dass er es nicht darstellen kann, die aufgabe also aufgeben, und das von beginn des schreibens, sich von vornherein sinnlos und fehlgehend abarbeiten und dennoch nicht aufgeben. die zeit war auf zwei mal 45 minuten bemessen, und fast alle meiner schüler, die mich sehr mögen, haben nach der beendigungsglocke protestiert, es sei zuwenig zeit und schrieben weiter, um das fehlgehen zu erleben, das nichtschaffen, scheitern, mit worten, mit den gefühlen und bildern, die sich nicht einfangen lassen. wundervolle arbeiten, jenseits aller bewertung. ich sagte, in einer pause und hernach, als die deutschstunde endlich zuende gehen musste, ihr lieben, das ist schreiben, was heisst, wer schriftsteller sein will, muss sich immer und immer dem unterwerfen, es niemals zu beschreiben, was zu beschreiben unmöglich ist, egal, ob es als erfolg oder misserfolg bewertet wird . ich sage euch, auch, wenn das geschreibsel prämiert erscheint, ist es immer ein falsches zeugnis, ich bitte euch, bildet euch nichts ein, auf geld und anerkennung, das , was rettet, ist das buchstabengetreue, das folgsame setzen der buchstaben im heiligen glauben, es würde der wahrheit, der wirklichkeit gerecht. dann fuhr ich mit meinem wohnmobil in richtung meines geglaubten zuhause, das haus war leer, niemand drinnen, der garten unbewässert, die sitzmöbel unverrückt, ich setzte mich in die bambusliege.

ich bin ein schreiber

betrunken rede ich in das zimmer hinein, bin ich ein scheeiber? ja ixhbin ein schriftsteller. ich belasse die fehler. sie gehören dahin, jeder kann es lesen, verstehen. malcom lowry, sagte die psychologin, hat nicht mit sondern trotz des alkohols … geschrieben. das ist nicht richtig, sage ich, lautlos im kopf in mich hinein. für mich als schreiber ist alkohol der spalt, hindurch ich ausrichten, dingfest machen kann, was in zwölf stunden und zwanzig minuten des tags nicht möglich ist. was ich durch diesen spalt hindurch absondere, ist für mich nahezu wahr, sagen wir, zu 78 Prozent, und das ist eine menge an wahrheit, wiewohl wahrheit ein ganz spärliches handelsgut ist. was ist wahrheit? 78 prozent bei mir sein machen mich glücklich, aber nicht als glücksgefühl der ultrakurzen kategorie, sondern als woge, sie hält an für einige minuten, während buchstaben sich fügen und sätze, die ich, wach und morgens und tagsüber nüchtern als vollkommen richtig und fast rein empfinde. ich korrigiere kaum, so gut wie nie, und ich freue mich und ich bin stolz, so geschrieben zu haben. ich bin ein guter schreiber und eigentlich verdiene ich lob und anerkennung und all das zeug, was weitertreiben müsste. ich treibe es weiter, mein schreiben, fast brauche ich nichts, es ist ein kleiner grad, es aufzugeben oder nicht. zwischen für immer aufhören und nicht.

auf der kirmes_zwei

man schlage nach in den aufzeichnungen. einige derer, die sich verloren hatten in der geisterbahn, so, als fühlten sie ihr kind, das sich verliert und auf einen unbestimmten punkt starrt, um sich zurechtzufinden was nicht möglich ist, einige dieser leute finden sich beisammen, zufällig, in der gondel des riesenrads im november, der letzten kirmes in diesem jahr, hernach alle fahrgeschäfte eingefahren werden und verstaut, eilig vor dem sturm, dem langen regen, den schwerfallenden blättern etc. ja, es ist kalt und es ist eine der letzten fahrten am abend, die kirmesbediensteten sind müde, ausgelaugt, die kartenverkäuferin trinkt bier aus der flasche, sie animiert kaum noch, und wenn man zählt, bleiben nur wenige auf dem platz. irgendjemand steigt noch zu, das riesenrad hält an. oben in der gondel schlägt regen hinein, eine pfütze entsteht an den füssen, und das feuerwerk zum abschluss der vergnügungstage kann nicht stattfinden. der blick über das alte dorf wird aufgegeben, fremde hände greifen ineinander, drücken sich, damit es weiter fährt, nach unten, man will nachhause, den kindern, die längst schlafen, gutenacht sagen, hineinschauen in ihr schlafgemach als eine bestätigung, dass die kirchmess vorbei ist, die bunten lämpchen, die rohe musik, der magen, der drückt, das bier, die vielen zigaretten, der falsche kuss an die falsche frau, die stohblume aus der schiessbude, das los, das nicht gewonnen hat und in der jackentasche liegt, zerrissen aber da. der regen sdhlägt ins gesicht, er ist stark geworden, es giesst, man wird nass und ärgert sich. die geisterbahn mit eisregen aus chemie ist fern, das zuhause erscheint im laternenlicht, trüb durch fallendes wasser, man geht hinein in das zuhause, es ist sonntag, der letzte kirmestag, morgen wird der platz geräumt, die spuren der unimogs, traktoren, gestänge und fussspuren der kirmesleute bleiben noch einige tage. dann ist früher winter, frost, kein schnee. die kirmes ist vergessen, kinder und arbeit verlangen nach tun, nach sorge, nach beisichsein, was immer weniger funktioniert. manche träumen sich in den schlaf mit bildern einer kirmes im frühjahr, mild und entspannt und mit gehöriger vorfreude auf die fahrgrschäfte, die angst maxhen ohne angst haben zu müssen.

bernhard als leiche

geträumt sah ich bernhards toten körper von sperbern umgeben. dann ein fuchs und scheucht weg. duckt sich zum sprung. trifft auf den kopf, windet sich herum, hackt den schädel, nicht gewaltig, ruhig, bei sich, bisse in die kopfhaut, sodann den schädel gering öffnend, zur ruhe zu kommen. den kopf ummantelt, ruhig, gewiss. etwas genährt, etwas erbeutet, es lassen, nicht vertilgen, habenwollenmüssen zu entscheiden, fürs überleben oder nicht. ich werde wach, kann ich mich erinnern. alles entspricht bernhards art, mit vollkommen fremden, absonderlich lebenden menschen umzugehen, als würde er sich zurechtmachen für die, die ihn als als bernhard sehen. das ist schlecht beschrieben, ich weiss, ich muss es so stehen lassen, weil es richtig ist.

als ein lehrer

man schlage nach in den aufzeichnungen. ich benotete sie alle gleich, auch die, die nichts auf papier hatten. einigen war es egal, wenn ich ihre leeren blätter sammelte, sie sahen mich an mit stolz und wut, um sich wehrhaft zu fühlen, falls ich sie erniedrigen sollte, was ich nicht tat. in meiner kleinen familie hattte ich mühsam gelernt, nicht zu strafen und das geschehene anzunehmen, dass es geschehen war wie einen text, der da ist zu lesen. ich hatte gelernt, nicht falsch nachzufragen, zum beispiel so: warum hast du nichts schreiben können? oder warum zerstörst du die sandburg deiner schwester, wo doch der tag so schön ist und die sonne scheint und wir uns alle so wohl fühlen in diesem urlaub am meer, den wir uns endlich leisten können? warum zerstörst du mein schönes familiengefühl, du kleiner idiot? all das nicht zu fragen, und später dann, erst gar nicht als gedanken zuzulassen, hatte ich verinnerlicht. ich war wohlgesonnen. jedem schüler, der mir, als aushilfslehrer im deutschen zugeteilt worden war. als ich die mehr oder weniger und mit garnichts erkennbaren papiere einsammelte, sah ich einige und alle, die geschrieben und nicht geschrieben hatten, mich ansehen, und weil ich sorgsam und leicht sammelte, ohne bewertung und en passant, und ruhig und bei mir und ziemlich glücklich, verfolgten alle mein sammelsurium auf dem tisch des lehrers wie ein ungeschnürtes paket, abgelegt, für irgendeine bestimmung, ein ziel, das wie auch immer so ist und nicht anders, mit nachrichten, mit leere, mit nichtkönnenweil nichtwollen, mit so vielen nuancen von augenblicken, die festgehalten oder nicht festgehalten werden können, wollen. ich weiss, dass einige der schüler, die als nicht schulgeeignet befunden worden ware, mich in einem ultrakurzen moment mich sehr gemocht haben, um dieses gefühl sehr rasch zu tilgen, weil sie kämpfen müssen ein leben lang und immer wieder den kürzeren ziehen werden. aber sie haben mich gemocht und sie selbst waren für diese zeit mit sich im reinen. ich finde, für einen lehrer, der das lehren nicht gelernt hat, war das eine gute sache. zuhause dann hatte ich keine chance, meiner frau meine erfahrung, diese transzendente erfahrung nahezubringen. es tat mir weh, und das war für mich ein deutlicher grund, mich mit alkohol zu betäuben. natürlich schwelgte ich beim wegdämmern im setting einer meiner deutschunterrichte, liess die gesichter meiner schüler vorübergleiten und befand mich im alkoholbegünstigem glücksgefühl, gut gewesen zu sein, richtig gut, ohne wenn und aber.

lucia berlin

wer wie ich, sommers, über längst abgeerntete, nicht mehr bestellte, stellenweise verdorrte, verlassene, nachgelassene, alleingelassene, vor sich hindämmernde, ganz der einsamkeit überlassende, von toten schnecken bewohnte, mäusen im abendgewandt, sich bettenden insekten, trockenen würmern, staub und unrat der vorbeifahrenden, grasinseln ohne bewegung, starr, kämpfend, wobei nebenan das verdorrte sich erdet, zugrunde sich legt, einverstanden mit allem, was geschieht, über diese felder geht, der, wie ich, das aufnimmt mit händen als ein gemüt, der es in worte überträgt, wissend, dass dies nicht möglich ist, der diesen text eingräbt in fernere felder, gut und grün, und im wachsen begriffen, unauffindbar und überpflügt von bauern im märz, beschreibt das schreiben, das vergebens ist und gesagthaben macht, fern der belobigung, fern. geschrieben für unkenntnis und doch da, zerhäckselt im erdreich, ganz bei sich,und der schreiber kehrt in sein zuhause, er legt sich, bettet sich wie das fremde getier in neuer, fremder umgebung, und gibt sich nach einigem zweifeln, richtig getan zu haben, anheim, in den schlaf bis zum morgen.

lucia berlin erinnert.

waer ich ein hund

waer ich ein hund, mein fell recht sorgsam glänzen möchte. das ist eine gedichtzeile, die ich falsch erinnere, die zeit, vor xx jahren, in einer garage, als atelier gemietet für xx geld, wiewohl ich wenig geld hatte. schreiben, im dämmer des fast geschlossenen tors, bernhard hatte es mir vermittelt, anruf nachts, er waere vorbeigegangen in der xx strasse und hätte die scharniere befühlt, sie waren seit langem nicht bewegt worden, eine chance, meinte er, hier preiswert zu mieten. ich plante ein grossgedicht und hatte als familie keine chance, das aufzuschreiben, in küche, wohnzimmer, mit hunden und katzen, kindern, meiner frau. so blieb ich einige nächte fern. im november wurde es zu kalt, der petroleumofen machte mich schwindlig, ich weiss noch, wie ich ziemlich abgasbenommen mit den papieren, die garage offen lassend, herauskam, nach hause gehend und wusste, ich würde das konvolut zielsicher versenden. ich war glücklich und ging recht leise in unsere wohnung und weckte alsbald niemanden auf.

in meiner verhassten stadt_zwei

verhasst. wir nehmen, sagte ich in jener kleinstadt, als ich der familie wegen zu arbeiten und zu sein hatte, sagte ich zu den schülern der sechsten stufe, der siebten vielleicht: verhasst. wer möchte nach vorne kommen, an den screen, dieses wort zwanzigmal schreiben und es simultan, buchstabe für buchstabe aussprechen, eher benennen, die buchstaben, einzeln, ruhig, sorgsam, und bitte dann, während des prozesses, bitte meldung machen, wenn euch der gewohnte sinn des wortes zerfällt. ich weiss, sagte ich, das ist fast bei jedem wort möglich, dass es zerfällt, aber hier geht es um eine variation des hass, des hassens, eine milderung, die, wenn wir sie gebrauchen, uns nicht entstellt. yoram, fast so gut des deutschen mächtig wie solche, die deutsche sprache nicht lernen mussten, kannte das wort entstellt nicht, und so schrieb ich es auf das digitale whiteboard und zerlegte es fachgerecht, so wie wild oder ein zufällig gefangener fisch zerlegt wird, falls er als nahrung taugt, oder falls er als anatomisches objekt herzuhalten hat. nein, yoram. sagte ich, es hat nichts mit stellen zu tun, auch nicht mit herstellen, hinstellen usw. stell dir vor, sagte ich, dein liebstes tier, ein hund, die kleine gelbgraue katze, die in deinem zimmer schläft usw., wird von deinem vater, betrunken und ausser sich vor wut, erschlagen, und dein gesicht, so wie unwillkürlich ausser fassung gerät, reagiert unbeholfen und untröstlich, und würdest du in diesem moment in den spiegel schauen, würdest du dich nicht mehr erkennen, dein gesicht wäre entstellt. yoram nickt nicht zum verstehen, und marilu ging nach vorne, wie ich es sah, aber es konnte marlilu nicht sein, eine frau von 32 jahren, ich hatte es mir eingebildet, und es war wohl marie, die begann, die entstellung des verhassten zu permutieren, derweil ich abdriftete und nicht mehr hörte, wie sie sezierte, und erst, als die schulglocke läutete, kam ich zurück, als lehrer vor einer schulklasse und schloss den unterricht, so wie man das erzieherische spiel mit einem hund schliesst, damit er weiss, dass der nicht weiter zu lernen braucht.